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Herrnhuter verwandelte die rohen Eskimo's und Grönländer in
friedlich gesittete Menschen, und schon genießt mancher unstete und
darbende Jäger und wilde kanadische Krieger durch Englands weise
Einrichtungen den ruhigen, sichern Unterhalt, den der Ackerbau dar-
bietet. Auf die Art verschwindet jener wüthende Geist der steten
Verheerung und Rache; der Sohn erschlägt nicht mehr den abge-
lebten Vater; die Ungeheuern jetzt todten Gefilde ernähren einst
ohne dauerndes Jagen und Morden die zehnfache Zahl ihrer Be-
wohner; die Bildung ebnet die Wege für die Humanität, und viel-
leicht während eines Jahrhunderts blühen da Städte und reiche
Anlagen, wo jetzt der Bär und Wolf in seiner Tenne lauert, oder
wo das Tomahawk vom Blute des sorglosen Nachbarn dampft.
3. Das nördliche Eismeers
Groß sind die Gefahren der Korallenriffe im stillen Ocean, aber
sie können sich nicht messen mit den Schrecknissen des Polarmeeres,
und dennoch reizt dieses heilige Meer, wie es an einer Stelle nörd-
lich von Asien heißt, immer von Neuem wieder, seinen eisigen Schleier
zu lüften, der noch so viele Geheimnisse birgt. Mancher Name eines
kühnen Seefahrers steht schon an seinen Küsten eingegraben und
zeugt von den Versuchen, die man anstellte, die nördliche Seite von
Asien und Amerika zu umschiffen. Selbst bis dahin, wo die Sonne
Monate lang verschwindet, das flüssige Quecksilber zu hammerhartem
Stein wird, wo die Schneelerche und die Schneegans nicht mehr
ausdauern können, die weißen Füchse und die Eisbären sich schlei-
chend zurückgezogen haben, und die schaurige Todtenstille nur durch
das donnernde Zerbersten des Eises unterbrochen wird, — selbst
bis dahin sind kühne Schiffer vorgedrungen, aber den gewünschten
Zweck haben sie nicht erreicht. Dort ist das Land des Todes, die
ganze Natur ist zu einer Leiche erstarrt. Kein winterlicher Baum
mit verglasten Aesten und Zweigen schlummert hier, auf ein frohes
Wiedererwachen harrend; kein liederreicher Sänger, der in den Ge-
zweigen nistet, läßt sich hören; kein Winterschläfer hat sich in den
erstarrten Boden eingegraben. Ein endloses Gefilde, bedeckt mit
Schnee und Eis, so blendend weiß, daß das Auge einen längeren
Anblick nicht ertragen kann, eine eisige Luft, mit feinem Schnee-
staub untermischt, der einen brennenden Durst verursacht, ein kiesel-
harter Schnee, der erst gekocht werden muß, wenn man den Durst
damit löschen will, — das sind die Gaben des Pols. Wer dort
Hütten bauen will, muß sie aus Quadern von Schnee und Eis
bauen, wobei die Axt gar leicht wie Glas zerspringt.
* Gude.