106 Preußens Könige und ihre Zeit.
Brauch gekommen und nur eine Huldigung eingetreten war. Vor der
Krönung wollte man den König bewegen, die Krone probeweise auf das
Haupt zu^ setzen; doch er sprach: „Man nehme an meiner Mütze oder
memem Helme Maß! Mein Haupt darf und wird die Krone
nicht berühren, bis ich sie vom Tische des Herrn nehme."
Die Krönung in der Schloßkirche. Am 18. Oktober 1861 fand
im Schlosse zu Königsberg m Gegenwart der Prinzen und Prinzessinnen
des königlichen Hauses und zahlreicher fürstlicher Gäste die Krönung statt.
-^^onsaal des Schlosses begab sich der Krönnngszng nach der
Schloßkirche. Hier ließ sich der König und die Königin vor dem Altar
JF?* jc einem Thronhimmel nieder, während für bic Mitglieder des
königlichen Hauses zu beiden Seiten Sessel standen. Die übrigen Gelade¬
nen nahmen die ihnen zugewiesenen Plätze ein. Nach dem Gesänge trat
oci* .nörtig im purpurnen Krönungsmantel vor den Altar, betete, nahm
die Krone von der heiligen Stätte und setzte sie sich aufs Haupt. Nach¬
dem er auch seiner Gemahlin eine Krone aufgesetzt hatte, knieten beide
Majestäten und alle Zeugen zu stillem Gebet nieder.
_ Die Feier nach der Krönung. Hierauf sprach der Geistliche den
^egen, und während der Berliner Domchor einen Gesang anstimmte, be¬
legte sich der Krönungszug aus der Kirche nach dem Schlosse. Hier
empfing der König die verschiedenen Glückwünsche und antwortete daraus:
„Eingedenk, daß die Krone nur von Gott kommt, habe ich durch die Krö¬
nung an geheiligter Stätte bekundet, daß ich sie in Demut aus seinen
Handen empfangen habe." Hierauf rief auf dem Schloßhofe ein Reichs¬
herold zu Pferde: „Es lebe König Wilhelm I.! Es lebe die Königin
Angusta!" und die Tausende, welche sich auf dem Platze befanden, wieder¬
holten den Jubelruf. Der König trat auch auf den Balkon und zeigte
sich der harrenden Volksmenge, nnd nun stimmte man unter Musikbeglei¬
tung und Kanonendonner den Choral an: „Nun danket alle Gott." Dar¬
auf trat Wilhelm wieder in das Innere des Schlosses, und die öffentliche
8eier war zu Ende. Nach einigen Tagen kehrte das Königspaar nach
Berlin zurück und hielt unter dem Jubel des Volkes deu glänzenden Ein¬
zug in die Hauptstadt.
82. Der -iinische Krieg. 1864.
Ursache des Krieges Die deutschen Herzogtümer Schleswig und
Holstein standen seit langer Zeit unter der Regierung des Königs von Däne¬
mark; doch nur Holstein gehörte zum deutschen Bunde. Beide Herzogtümer
sollten nach ihrem alten Rechte auf ewig ungeteilt bleiben und nach eigenen
Landesgesetzen verwaltet werden. Doch die dänische Regierung suchte den
deutschen Bewohnern der Herzogtümer dänische Art und Sprache aufzu¬
dringen und stellte dänische Lehrer, Prediger, Beamte und Richter au.
Darüber kam es zu großen Klagen und Feindseligkeiten, und als die Ver¬
bindung beider Herzogtümer (1863) aufgehoben nnd Schleswig der däni¬
schen Monarchie einverleibt wurde, da nahmen Preußen und Österreich sich
Schleswig-Holsteins an. Im Winter des Jahres 1864 rückten die Öster¬
reicher unter dem Feldmarschalllieutenant von Gablenz und die Preußen
unter Prinz Friedrich Karl in die Herzogtümer ein. Der preußische Feld¬
marschall Wrangel führte über alle Truppen den Oberbefehl. Während