42 Preußens Könige und ihre Zeit.
empfing. Hier wurden lehrreiche Schriften gelesen, Gesang und Musik
gepflegt. In diesen engen Zirkeln war alle Pracht verbannt; die Frauen
erschienen in einfacher, schwarzer Kleidung, und das steife Fvrmenwesen
wurde abgelegt. Zutritt hatten hier nur solche Personen, die sich durch
Geist und Bildung auszeichneten. Überhaupt hat die Königin das Ver¬
dienst, die geistigen Bestrebungen in den höheren Kreisen ihres Landes an¬
geregt und feinere Lebenssitte verbreitet zu haben.
Ende der Königin. Leider starb die Königin an einem Halsübel
bereits im 37. Lebensjahre. Zu ihrer Leichenpredigt hatte sie bereits vor
ihrem Tode das Wort erwählt: „Jesus spricht: „Ich bin die Auferstehung
und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe,
und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben."
Unter großem Gepränge wurde ihre Leiche in der Schloßkapelle zu Berlin
beigesetzt.
37. Friedrichs I. Sorge für Munst und Wissenschaft.
Sein Ende.
Bauwerke. Friedrichs Streben ging dahin, der Hauptstadt das Ge¬
präge eines Königssitzes zu geben. Die lange Brücke, die aus Holz erbaut
war, ließ er abbrechen und eine andere aus Sandstein herstellen. Da auf
derselben das Denkmal des großen Kurfürsten errichtet wurde, so hieß sie
fortan Kurfürstenbrücke. Dem berühmten Bildhauer Schlüter, welcher
das Reiterstandbild des großen Kurfürsten schuf, übertrug Friedrich auch,
die verschiedenartig gestalteten Gebäude, aus denen das Schloß bestand, in
ein gemeinsames Gebäude zusammenzufassen. Und diese Aufgabe hat der
Künstler vortrefflich gelöst; denn das königliche Schloß steht jetzt in
großartiger Einheit da. Auch das Zeughaus zu Berlin ist unter Fried¬
rich erbaut. Die herrlichen Bildwerke an demselben verdanken wir eben¬
falls Schlüters Meisterhand. Durch einen teilweisen Umbau ist dieses Ge¬
bäude in neuester Zeit verschönt und zur Ruhmeshalle erweitert.
Die Akademie der Künste gründete Friedrich, um allen künstlerischen
Kräften Gelegenheit zu geben, sich um einen gemeinsamen Mittelpunkt zu
scharen. Unter des Königs Einfluß entwickelte sich in weitern Kreisen ein
gewisser Kunstsinn, und man fing in der Mark an, bei Hausgeräten, Holz¬
decken, Fenster- und Thüreinfassungen u. s. w. edle Formen zu erstreben.
Die Akademie der Wissenschaften ist ebenfalls von Friedrich ge¬
stiftet. Die erste Anregung zur Bildung solcher gelehrten Gesellschaft gab
die geistreiche Kurfürstin Sophie Charlotte und der große Gelehrte
Leibnitz, der am Berliner Hofe weilte. Friedrich stellte der Akademie die
Hauptaufgabe, alles zu thun, was zur Erhaltung der deutschen Sprache in
ihrer vollständigen Reinheit möglich sei und auch zur Ehre und Zierde der
deutschen Nation gereiche. Auch wollte der König, daß die Behörden in
ihren Ausfertigungen fremde Wörter vermieden, damit in der deutschen
Sprache nicht ein Mischmasch entstände. Gute deutsche Redensarten sollten
von der Akademie hervorgesucht und vermehrt werden. Weniger bekannte
deutsche Wörter sollte man in den Provinzen bei den Landleuten sammeln.
Leider ließ sich der Wunsch Friedrichs in Bezug auf die Reinheit der deut¬
schen Sprache nicht so leicht ausführen; denn noch in späterer Zeit wurde
unser schönes Deutsch durch französische Brocken verdorben.
Der neue Kalender. Mit dem Aufblühen der Wissenschaften steht
auch die Einführung des verbesserten Kalenders, der von dem Papst