Full text: Charaktere aus der neuen deutschen Geschichte vornehmlich in zeitgenössischer Schilderung

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Erst der Weheruf der evangelischen Glaubensgenossen hat ihn zur Er¬ 
kenntnis der Irrwege gebracht, auf welche ihn der Einfluß der Joachim¬ 
scheu Politik gelockt hatte. Da suchte er aufs neue nach einer Stütze 
für seine theologische und kirchliche Stellung. Mit einer kräftigen Wen¬ 
dung knüpfte er wieder an die Erinnerungen der glücklichsten Jahre seines 
Lebens an; in der Verkündigung des reinen Luthertums in seiner ganzen 
Schärfe und Exklusivität suchte er seine Jnterimshändel sich und anderen 
in Vergessenheit zu bringen. Und diese Wendung seiner Theologie er¬ 
folgte, soviel wir seheu können, nicht aus Beeiufluffung Joachims (viel¬ 
mehr scheint jetzt das umgekehrte Verhältnis eingetreten zu sein, daß 
Joachim wesentlich durch den Einfluß feines Hofpredigers ein Auti- 
philippift geworden ist), sondern kraft einer inneren Reaktion, bei welcher 
freilich auch sein alter Mensch — d. i. in diesem Falle die entschiedene 
Abneigung gegen Melanchthon — ein kräftiges Wort mitgesprochen 
haben wird. Dieser Richtung ist er fortan bis an fein Lebensende treu 
geblieben; für die Zwecke dieses, freilich schon stark verknöcherten, Luther¬ 
tums hat er eifrig gekämpft — mit den Waffen, wie sie bei den theo¬ 
logischen Händeln der Luther-Epigonen üblich waren: und in diesen 
Kämpfen hat er innerliche Befriedigung gefunden, da er überzeugt war, 
der Sache des lauteren Wortes Gottes zu dienert. 
5. Zwingli. 
Luther, Kurz Bekenntnis vom heiligen Sakrament in „Sämmtl. Werke", herausa. 
von Jrmischer, Erlangen, 1842. Bd. 32. S. 399 ff. 
Nach Zwinglis Tode ging ein Büchlein ans, welches er foll hart 
vor feinem Ende gemacht haben, mit Namen Christianae fidei expo- 
sitio. Solches soll ein Ausbund sein über alle seine vorigen Bücher. 
Und daß es sein Eigen sein mußte, gab die Art seiner wilden, wüsten 
Rede und feine vorige Meinung. Solches Büchleins erfchrack ich sehr, 
nicht um meiuetwillm, sondern um seinetwillen .... Denn in diesem 
Büchlein bleibt er nicht allein ein Feind des heiligen Sakraments, son¬ 
dern wird auch gauz und gar zum Heiden; so fein hat er sich gebessert 
meiner Hoffnung nach. Das kannst du dabei merken, nnter andern 
Worten redet er den König (Christian von Dänemark) also an: Du 
wirst dort sehen in einerlei Gesellschaft alle heilige, fromme, weise, männ¬ 
liche, ehrliche Leute, den Erlösten und Erlöser, Adam, Abel, Heuoch, 
Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Juda, Moses, Josua, Gideon, Samuel, 
Elias, Jesaias und die Jungfrau Gottesgebäriu, davon er hat geweis- 
fagt, David, den Täufer, Petrus, Paulus, Hercules, Thefeus, Sokrates, 
Aristides, Autigonns, Nimm, Camillns, die Catoneu, Scipionen und 
deine Vorfahren alle, die im Glauben sind verstorben n. s. w. Dies 
steht in seinem Büchlein, welches soll das gülden und allerbeste Büchlein 
sein. Sage mm, wer ein Christ sein will, was bedars man der Taufe, 
Sakraments, Christi, des Evangeliums oder der Propheten und heiligen 
Schrift, wem: solche gottlose Heiden selig und heilig sind mit den Patri-
	        
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