Hermann. Die Völkerwanderung. 5
Religion. Es wurden mehrere Götter Dem den alten Deutschen verehrt, deren
oberster Odin oder Wodan hieß. Der Gottesdienst wurde in heiligen Hainen oder
auf hohen Bergen abgehalten; denn Tempel kannte man nicht. Jeder Hausherr war
seines eigenen Hauses Priester. Am Herde, dem heiligsten Orte des Hauses, betete er
für seine Familie zu den Göttern. Für den öffentlichen Gottesdienst gab es besondere
Priester, welche vorn Volke hoch verehrt wurden. Blutige Opfer waren nicht selten,
und nach des Volkes Glauben gingen die Helden nach ihrem Tode nach Walhalla
(d. h. Himmel) zu Wodan, wo sie Teil nahmen am herrlichen Sregesmahl.
10. Hermann dcr Befreier Deutschlands.
Herrschaft der Römer. Schon mehrere Male waren die Römer in Deutschland
eingefallen und hatten so allmählich auf dem rechten Ufer des Rheins und auf dem
linken Ufer der Donau Besitzungen gewonnen. Gern wollte der damalige rönwche
Kaiser Auqustus gauz Deutschland unterjochen. Im Jahre 9 it. Chr. war der ramiche
Feldherr Varns Statthalter dcr deutschen Gelüete. Dieser behandelte das dcutlche
Volk grausam, trieb unerbittlich Steuern über Stenern ein und suchte den Deutschen
römisches Wesen aufzudringen. Er richtete und verurteilte sie nach römi,cher Weile,
und mancher freie Deutsche wurde sogar zur Strafe durch Rutenhiebe gezüchtigt.
Hierüber entstand ein heimlicher Glimm, und die Erbitterung im Volke stieg
*mmScrmatm3 Erziehung. Da stand ein tapferer deutscher Jüngling Namens
Hermann oder Armin, der Sohn eines Fürsten der Cherusker, auf. Zwar hatte er
von den Römern die Kriegskunst erlernt und war von diesen sogar zum Ritter ernannt
worden; doch war sein Herz deutsch und dem Vaterlande treu geblieben. Mit Ingrimm
sah er die Gewaltthätigkeiten der Römer und beschloß, seinem Volke wieder die Freiheit
zu verschaffen. Im Geheimen stiftete er eine Verschwörung von vielen tapfern
Deutschen, die Römer ans Deutschland zu vertreiben. ,
Die Hermannsschlacht. Durch List suchte Hermann den römischen Feldherrn
Varns in den Hinterhalt zu locken, indem er ihnt die Botschaft zugehen ließ. ein
deutscher Stamni an der Eins habe sich empört. Zornig brach Varns im September
des Jahres 9 n. Chr. auf, die Beschuldigten zu strafen. Doch dcr Weg durch die
Gebirge und Wälder war sehr beschwerlich, und oft mußte erst ein Durchgang gehauen
oder eine Brücke über reißende Gewässer gelegt werden. Dazu kamen ungeheure
Regengüsse, die den Boden erweichten und ein Vordringen der Römer unmöglich
machten. Plötzlich wurden sie von den Deutschen unter Hermanns Anführung um¬
zingelt und das gänzlich ermatteteHeer vernichtet. Varns stürzte sich voll Verzweiflung
in sein eigenes Schwert. Mir wenige seines Heeres entkamen und verbreiteten die
Schreckenskunde. Augustus zerriß bei der Nachricht in großem Schmerze sein
Gewand und rief: „O Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder"!
Hermann, dem kühnen Helden aber ist in neuerer Zeit (unweit Detmold) auf einer
Stelle des teutoburger Waldes, welche man für den Siegesplatz hält, ein herrliches
Denkmal errichtet worden.
11. Die Völkerwanderung. 375—568.
Die Hunnen. Zu wiederholten Malen von den Römern bedroht, schlossen
die verschiedenen kleinen deutschen Völkerschaften Verträge untereinander, um ver¬
eint besser der Uebermacht widerstehen zu können. So entstanden die vier großen
Völkerbünde: der Allemannen am Oberrhein, der Franken am Niederrhein, der
Sachsen zwischen Rhein und Elbe und dcr Gothen im Osten Deutschlands. Da
drangen aus dem Osten Asiens die Hunnen gleich Heuschreckenschwärmen in Europa
ein. Von ihnen wurde alles verheert und vernichtet; denn sie waren ein wildes streit¬
süchtiges Nomadenvolk. Die Hunnen waren von kleiner Gestalt und sehr häßlich; sie
besaßen eine große Kraft in den Armen, waren aber auf den Beinen sehr schwach,
weil sie fast immer auf ihren kleinen flinken Pferden saßen, darauf aßen und auch wohl
schliefen. Ihr Anführer Attila war sehr tapfer, grausam und blutgierig und
nannte sich selbst „Gottesgeißel". In seinem Uebermnte meinte er, wenn er sein
Schwert nur in den Erdboden stoße, so zitterten die, Völker Europas. Diese von
allen Seiten durch die Hunnen bedroht, verließen fast sämtlich ihre Wohnsitze und
verdrängten die Nachbarvölker. So kam es zu einer gewaltigen Bewegung, welche
die Völkerwanderung genannt wird. die gegen 200 Jahre dauerte.