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Dritter Zeitraum.
Gutsherrn nicht in fremde Dienste gehen, ihre Töchter ohne dessen Einwilligung
sich nicht verheiraten. Diese Gntsunterthänigkeit hörte nun aus. Die Bauern
wurden freie Eigentümer ihrer Äcker und suchten den Grund und Boden zu
verbessern.
Auch die ländlichen Arbeiter wurden persönlich frei und nicht gezwungen,
bei einem bestimmten Herrn in Dienst zu treten.
e) Verbesserung des Heeres. In Kriegsangelegenheiten hals dem
König der Kriegsminister Scharnhorst. Auf seinen Rat wurde folgende
Verbesserung des Heeres vollzogen:
1. Jeder gesunde und kräftige Preuße sollte im Heere dienen.
Man nennt dies die allgemeine Wehrpflicht. Früher hatten viele Städte
und die höheren Stände das Vorrecht, ihre Söhne vom Soldatenstande zu
befreien. Daher bestand ein großer Teil des Heeres aus fremden, leichtsinnigen
Jünglingen. Das sollte nun anders werden. Preußens Heer sollte nicht
mehr aus gemieteten Söldnern, sondern aus Landeskindern zusammen¬
gesetzt sein.
2. Alle entehrenden Strafen wurden verboten. Die Prügelstrafe war
nur bei schweren Verbrechen erlaubt.
3. Jeder Soldat konnte bis zu deu höchsten Offizierstellen beförde r
werden. Einen Anspruch auf Offizierstellen sollten in Friedenszeiten Kennt¬
nisse und Bildung, in Kriegszeiten ausgezeichnete Tapferkeit und Überblick ge¬
währen. Dadurch wurde den Adligen das Vorrecht, allein Offizierstellen zu
bekleiden, genommen.
4. Preußen durfte nach den Bestimmungen des Friedens zu Tilsit nur
42 000 Mann unter den Waffen halten. Um größere Heeresmassen auszu¬
bilden, wurden die eingeübten Soldaten nach Hause entlassen. An ihre Stelle
wurden andere 42 000 Mann eingezogen, ausgebildet und wieder nach Hause
entlassen. So wurde nach und nach ein kampffertiges Heer von 150 000 Mann
geschaffen.
Für die Jugend erfand der Berliner Lehrer Ludwig Jahn die Turnkunst
als Vorübung zum Kriege. Er suchte die Jünglinge durch Übung der Leibes¬
kräfte stark zu machen. Er heißt daher „der Turnvater Jahn".
Mit herzlicher Freude sah die Königin Luise alle Vorbereitungen zur
Wiedererhebung Preußens. Aber sie erlebte nicht mehr die so sehr gewünschte Zeit
der Befreiung. Ant Ende des Jahres 1809 war das Königspaar wieder in
Berlin eingezogen, ein halbes Jahr später (am 19. Juli 1810) raffte der
Tod die Landesmutter dahin.
B. Napoleons Feldzug gegen Rußland, 1812.
Napoleon hatte fast alle Fürsten und Völker Europas bezwungen. Nun
hatte er Lust, auch Rußland zu unterwerfen. Nach der Schlacht bei Friedland