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Zweiter Zeitraum.
Brandenburg unter den Kurfürsten aus dem Hanfe Hohenzollern.
1415—1701.
* Auf der rauhen Alp, iu der Mitte des gesegneten Schwabenlandes,
nahe bei der Stadt Hechiugen erhebt sich ein schön geformter Bergkegel. Das
ist der Hohe Zollern. Wiederholt war derselbe mit mächtigen Bauten geschmückt,
die aber in Krieg und Fehden beschädigt und zerstört wurden. König Friedrich
Wilhelm IV. ordnete an, daß die Burg auf der alten Grundlage wieder erbaut
werde; jedoch erlebte er ihre Vollendung nicht; erst seinem Nachfolger Wilhelm I.
war es vergönnt, die Einweihung der Burg zu feiern (1867). Auf dieser Höhe
wohnten vor etwa 1000 Jahren die Grafen von Zollern, die Ahnen des
preußischen Königshauses?)
Einer der Grafen dieses Geschlechts, Konrad I., wurde um das Jahr
1200 von dem deutschen Kaiser mit dem Burggrafentum Nürnberg belehnt.*)
Wegen ihrer Rechtschaffenheit, Rührigkeit nnd Treue standen Graf Konrad und
seine Nachkommen bei Kaiser und Reich in hohem Ansehen. Sie dienten als
kaiserliche Räte, erhielten wichtige Aufträge, fochten tapfer im deutscheu Heere.
Verschiedene Kaiser hatten ihre Wahl den Bemühungen der Burggrafen von
Nürnberg zu verdanken, so noch Sigismund dem damaligen Burggrafen
Friedrich VT., der zu dem Burggrafentum Nürnberg von seinem Vater auch
noch die Fürstentümer Ansbach und Baireuth ererbt hatte.
Als nun nach dem Tode Jobsts von Mähren Gesandte aus der so arg
heimgesuchten Mark Brandenburg erschienen und die Not und die Mißstände
schilderten, welche schwer auf dem Lande lasteten, versprach ihnen der Kaiser,
einen Verweser zu senden, der die Ordnung wiederherstellen und die Marken
kräftig schützen würde. Hierzu wurde Friedrich VI. von Nürnberg ausersehen
und durch Urkunde vom 8. April 1411 zum „Verweser und obersten Haupt-
mann" der Mark Brandenburg bestellt; die Kurfürstenwürde und das Erz-
kämmerer-Amt behielt sich einstweilen der Kaiser noch vor.5)
1. Friedrich I. (1415—1440).
Nach alten Gemälden war Friedrich ein Mann von kräftiger
Gestalt; er hatte eine hohe, freie Stirn und einen offenen und
durchdringenden, aber gutmütigen Blick. Er zeichnete sich aus durch
einen scharfen Verstand und eine klare Einsicht in die Verhältnisse
der Staaten. Des Lateinischen, Französischen und Italienischen
war er mächtig. Mit den bedeutendsten Männern seiner Zeit,
z. B. dem Kanzler Gerson, dem Papst Martin V., stand er in
*) Diesem Geschlechte gehörte auch jener Meginrad oder Meinrad an, dessen trauriger
Tod durch die Legende bekannt ist: „St. Meinrads Raben." Räuber nämlich, die lüstern
nach der silbernen Lampe waren, welche einst ein Ritter der kleinen Kapelle geschenkt hatte,
ermordeten ihn, der doch kurz zuvor noch sein Brot mit ihnen geteilt hatte.
2) So bildeten sich zwei Linien der Hohenzollern: die fränkische und schwäbische.
Letztere, seit dem 16. Jahrhundert gleichfalls in zwei Linien geteilt, gab 1849 ihre Fürsten¬
tümer Hechingen und Sigmaringen gegen eine Jahresrente an das stammverwandte preußische
Königshaus ab. ;,.-t
3) A. 283-und 284.