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testantischen, erhoben jetzt laute Klagen über den furchtbaren Kriegsmann
Wallenstein und über die Zuchtlosigkeit seines Heeres. Als den Urheber-
alles Elends erklärte man Wallenstein und forderte ungestüm dessen Ent¬
lassung. Mit schwerem Herzen entschloß sich nun der Kaiser, in Wallen¬
steins Abdankung einzuwilligen. Stolz empfing der Friedländer seine Ent¬
lassung, löste sein Heer auf und zog sich auf feine Güter zurück, wohl be¬
rechnend, es werde eine Zeit kommen, wo der Kaiser wieder seiner bedürfen
werde.
119. Die Jeiden -er Uandbeunchner int SOjäljrtgcit Kriege.
Vorboten der schweren Zeit. Als der dreißigjährige Krieg in
Böhmen begonnen hatte, wurde es dem Bauer in Mitteldeutschland bald
klar, daß eine schwere Zeit herannahte. Es entstand allmählich eine Teue¬
rung, und für feine Waren erhielt der Landmann statt des alten Geldes
neue rote Münzen, die im Werte gering waren. Da kamen den Bauern
böse Ahnungen, und sie behielten ihre Vorräte an Fleisch und Getreide für
etwaige Zeiten der Not zu Hause. Aber die Diebstähle und Einbrüche
mehrten sich in erschrecklicher Weise, und auf den Straßen zog viel fremdes
Gesindel umher. Oft zeigte sich auch schon das angeworbene Kriegsvolk
auf den Bauernhöfen, quartierte sich frech und gewaltsam ein und' stahl
Würste, Schinken und Geflügel. Doch als endlich die regelmäßigen Durch¬
märsche fremder Truppen begannen, und das verwilderte Kriegsvolk ins
Dorf marschierte und überall raubte, da war die Not groß. Nur durch
das Plündern („Parteigehen") ernährte sich,das Kriegsvolk. Entlassene
oder entwichene Soldaten aber raubten auf eigene Hand als sogenannte
Bnschklepper, Schnapphähne oder Marodeure.
Bauer und Kriegsvolk. Mit der Zeit entlief dem Bauern auch wohl
das Gesinde; denn der Knecht, der Jahre lang die Schläge der fremden
Soldaten ertragen hatte, verließ heimlich den Dienst und trat ins Heer.
Die Gespanne wurden dem Bauer geraubt, und das Vieh trieb man vom
Hofe. Unter solchen Drangsalen bildete sich unter den vielgeplagten Land¬
leuten ein Sinn der Rache aus, und Soldat und Bauer standen sich gegen¬
über wie Wolf und Hund. Wer die Übermacht hatte, schonte niemals den
Gegner. Nahten fremde Truppen dem Dorfe, so wurde von der Wache,
die stets aus dem Kirchturme stand, ein Zeichen gegeben. Alsdann brachte
mau Weib, Kind und bewegliche Habe in ein Versteck, etwa in ein Moor
zwischen Gräben und Gebüsch oder in eine Waldschlucht, in verfallenes
Mauerwerk u. f. w. Zogeu die Soldaten wieder ab, fo kehrten die Flücht¬
linge heim, fanden aber oft statt Haus und Hof nur eine Brandstätte. Es
sträubt sich das Gefühl, die verübten Greuel zu nennen, welche von den
Soldaten an Männern, Weibern und Kindern ausgeführt wurden. Endlich
verwilderten auch die Bauern und begannen selbst zu stehlen, indem sie
als bewaffnete Horden Über die Landesgrenze zogen und entführten, was sie
vermochten.
120. Gustav Adolf.
Gustav Adolf kommt nach Deutschland. Als es schien, daß
gegen den Kaiser und die Liga niemand mehr auftreten würde, nahm König
Gustav Adolf von Schweden sich der Sache der Protestanten an. Er landete
(1630) mit einer wohlgeübten Armee von 15000 Mattn an der pommerschen
Küste, um gegen den Kaiser zu ziehen. Jedoch täuschte er sich in der Hoffnung,
die protestantischen Fürsten würden sich ihm anschließen; denn'die meisten