Full text: Geschichte Deutschlands von der älteren Zeit bis zur Gegenwart

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seiner Compagnie von Kadetten, die aus adeligen Knaben seines Alters ge¬ 
bildet war, stellte er unermüdlich Übungen an. Auch zeigte er großen 
Ordnungssinn, und seine Rechnungsbücher, die 
noch heute erhalten sind, beweisen, wie er dieselben 
gewissenhaft führte und mit seinem Taschengelde 
sparsam umging. Zn den Wissenschaften und 
Künsten fühlte er sich jedoch uicht hingezogen 
und entsprach in dieser Hinsicht weder den Wün» 
schen des Vaters, noch denen der Mutter Sophie 
Charlotte. 
Regierungsantritt und Lebensweise. Als 
Friedrich Wilhelm die Regierung antrat, schaffte 
er den prachtvollen und kostspieligen Hofhalt 
seines Vaters ab, richtete einen knappen Hans- 
‘Vmhri* Millielm i halt ein und lebte als König kaum anders als 
ein Landedelmann oder Bürger. Er sah selber 
nach allem; auch den Küchenzettel ließ er sich vorlegen und prüfte ihn 
auf Heller und Pfennig. In feinen Sitten war er derb, doch gerecht, 
bieder uud gottesfürchtig und zeigte sich, obgleich er selbst reformiert war, 
gegen Andersgläubige sehr duldsam. In der eigenen Familie war der 
König ein Muster guter Zucht und Sitte. Mit Strenge hielt er im 
Lande auf Ordnung und verlangte, daß man ihm ohne Widerrede gehorche. 
Als er einst erfuhr, daß der Potsdamer Thorschreiber des Morgens 
stets lange schlief und die Bauern vor dem Schlagbaum warten ließ, 
prügelte er denselben einmal in der Frühe aus dem Bette, indem er ihm 
zurief: „Guten Morgen, Herr THorfchreiber." Von der Macht feines 
Staates hatte er eine hohe Meinung und erkor sich den Wahlfprnch: „Er 
(der preußische Adler) weicht der Sonne nicht." 
Das Tabakskollegium. Den Abend verbrachte er am liebsten in 
dem sogenannten Tabakskollegium, zu dem er täglich einige seiner ver¬ 
trautesten Generale, Minister und auch wohl auswärtige Gesandte ver¬ 
sammelte. Da saßen dann die fürstlichen Gäste aus hölzernen Stühlen 
um einen einfachen Tisch herum, rauchten aus thönerueu Pfeifen bei 
einem Kruge Bier und unterhielten sich traulich. Wer uicht rauchte, 
wie der Fürst Leopold von Dessau, mußte wenigstens die Pfeife im 
Munde haben. 
Das Heerwesen. Als ein geborener Soldat trug der König un¬ 
ausgesetzt den einfachen Waffenrock. Er bemühte sich, die Wehrkraft des 
Landes zu vermehren, um sein Land vor dem Einbruch fremder Heere 
zu schützen. Da unter früheren Herrschern die Mark oft durch fremdes 
Kriegsvolk verwüstet war, so sagte sich der König sehr richtig, daß die 
hohen Kosten der Heeresverwaltung viel geringer seien, als der Schaden, 
den fremde Heere dem zu schwach beschützten Lande verursachen könnten. 
Unter seiner Regierung wuchs daher das preußische Heer*) derartig an, 
daß es nächst Rußland und Frankreich die bedeutendste Militärmacht bildete. 
Der alte Dessauer. Im Kriegswesen hatte der König in dem 
Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, genannt der „alte Dessauer," 
die größte Stütze. Dieser war bereits des Königs Jugendfreund ge¬ 
wesen, sann unablässig auf die Vervollkommnung der Bewaffnung und hielt 
strenge auf Genauigkeit bei den Handgriffen und Marschübungen. Als 
*) 1713 hatte das preußische Heer 38000 Mann, 1740 aber 83000 Mann.
	        
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