Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Geschichte

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wie man es auberdem nur auf den Alpengebirgen des Südens 
finden wircl. Vor drei Stunden noch hatte ich unten im Brend- 
tale geglüht vor Sonnenhitze, daß ich kaum den MNantel er— 
tragen konnte, während bei dem Dorfe Oberweibenbrunn am 
Fube des Auersberges mein Bart bereits bereift und festgefroren 
war und hier oben auf dem Gipfel bei der eisigen Nordluft und 
dem fubtiefen Schnee eine plötzliche Ermattung mir trotz des 
Mantels den sichern Tod des Erfrierens gebracht hätte. 
Wie die Gegensãtze des Klimas so sind auch die Gegen- 
sãtze von arm und reich auf der Rhön eng zusammengerückt; 
denn keineswegs ist die ganze Bevölkerung des Gebirges arm. 
Die Armut tritt weniger überallhin verstreut auf wie in den 
meisten mitteldeutschen Gegenden; sie ist vielmehr nach Berg- 
gruppen und Talzügen ziemlich bestimmt abgesondert. Die 
unausrottbare Armut hastet an einzelnen Strichen, an denen 
auch das nordische Klima haftet. Diese sind namentlich: das 
Dammersseld, die Kreuzberggruppe und die Lange Rhön. Die 
Armut dieser õdesten Vinkel unserer feuchten und kalten Basalt- 
gebirge ist ein uraltes Erbsstück des Volkes; der Hunger ist 
nicht blob heuer, sondern in jedem Frühjahre der treueste 
Hausfreund. Und sie wissen's nicht besser. Diese Naturkinder 
sind arm, weil sie mit ihrem Kartoffelvorrat bis zum Juni hätten 
reichen sollen und nur bis zum Februar ausgereicht haben. Der 
Himmel hat ihren Hunger gröber werden lassen als ihre Kar- 
toffeln. Und doch bin ich auf der ganzen Hohen Rhön von keinem 
Menschen angebettelt worden. Ich habe ganz allein, lediglich 
mit einem tüchtigen Eichenstock, flinßen Beinen und einem 
frischen Wandermut bewaffnet, die weitgedehnten Wälder und 
die schaurig-öden Hochflächen durchwandert. In der tiefen 
Einsamkeit, bei wildem Schneesturm und bei sinkender Nacht 
sind mir oft seltsam zerlumpte, verwegene Gestalten begegnet. 
Aber es hat mir niemand ein Leids getan. Und doch würde 
meine geringe Reisebarschaft für eine hungrige Rhöner Familie 
ein Kapital gewesen sein, von dem sie flott hätte leben können 
bis zur nächsten Kartosffelernte. 
Die mutige Unverdrossenheit der Hohen-Rhöner bei ihrem 
steten Kampfe mit der feindseligen Natur ist seit alten Tagen 
sprichwörtlich. Man sieht in den oberen Rhöntälern noch Ver- 
suche von Obssstbaumzucht in Lagen, wo man anderwärts längst auf- 
hört sich mit Schnee unclh Nordsturm um saure Apfel zu streiten.
	        
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