Full text: Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart (2)

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Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. 
leichterte die Verbreitung einer allgemeinern Bildung in den mittleren 
und den unteren Ständen des Volkes, zumal da auch die Herstellung 
des gleichfalls aus dem äußersten Osten überkommenen Lumpenpapiers 
im Abendlande immer weitere Ausdehnung gewann. Die kirchliche 
Reformation endlich zerriß zwar die Einheit der römischen Kirche, 
hob aber die Geistlichkeit aus ihrem sittlichen Verfall, förderte die 
Wissenschaft durch eigene Forschungen in den höchsten und heiligsten 
Fragen der Menschheit und setzte an die Stelle von Menschensatzungen 
das Wort Gottes. Allerdings schuf sie auch einen scharfen Gegensatz 
zwischen den evangelischen und katholischen Staaten. 
2. Tie Reformation bis zum Wormser Edikt von 1521. 
Die Hoffnungen der Völker auf eine Reform der verderbten 
Kirche durch die großen Kirchenversauunlungen des Mittelalters, zumal 
die zu Pisa und zu Konstanz, waren nicht in Erfüllung gegangen. 
Endlich aber gab der Ablaß, den Papst Leo X., wie es hieß, zum 
Ausbau der Peterskirche in Nom für die Christenheit ausschrieb, den 
Anstoß zu einer Bewegung, welche eine vollständige Reform eines 
großen Teiles der Kirche herbeiführte. Der Mann, der den Mut hatte, 
den Irrlehren der alten Kirche entgegenzutreten, der Ausdauer genug 
besaß, um im Kampfe nicht zu erlahmen, und dem die Kraft befchieden 
war, die reine Lehre wieder herzustellen und die Kirche neu aufzubauen, 
das war Martin Luther. 
Martin Luther ist am 10. November 1483 zu Eisleben ge¬ 
boren. Sein Vater Hans Luther, anfangs Bauer in Möhra bei Eisenach, 
war nach Eisleben übergesiedelt, um als Bergmann besseren Verdienst 
zu gewinnen. Aus Nahrungssorgen verließ er aber mit seiner Frau 
Margarete (geb. Ziegler) und seinem Söhnchen Martin schon nach einem 
halben Jahre Eisleben und zog nach den: benachbarten Mansfeld, wo 
seine Lage sich allmählich besserte. Hier erhielt Martin Luther bis 
zu seinem 14. Jahre den ersten Unterricht; dann brachte ihn sein Vater 
auf eine höhere Schule nach Magdeburg und ein Jahr später nach 
Eisenach. Bei der Armut seiner Eltern mußte er sich den täglichen 
Unterhalt durch Singen vor den Häusern der Wohlhabenden erwer¬ 
ben, bis ihm Frau Ursula Cotta liebreiche Aufnahme gewährte. Im 
Jahre 1501 bezog er die Universität Erfurt, um nach dem Wunsche 
seines Vaters die Rechtswissenschaft zu studieren, doch überwog bei ihm 
die Neigung zu philosophischen und theologischen Studien, und im 
Jahre 1505 wurde er Magister der Philosophie. Das Studium der 
Bibel mahnte ihn, daß er jeden Augenblick bereit sein müsse, vor 
Gottes Richterstuhl zu treten. Als er auf einer Rückreise von seinen 
Eltern unweit Erfurt von einem furchtbaren Gewitter überrascht wurde 
und der Blitz zu seinen Füßen einschlug, gelobte er ein Mönch zu 
werden und trat in das Augustinerkloster zu Erfurt ein. Aber obwohl
	        
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