Full text: Sagen, Lebensbilder aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Teil 1)

15. Rom unter Königen. 
1♦ Die beiden nächsten Nachfolger des Romulus. Nachdem 
R6mnlus, der Gründer Roms, bei einer Heerschau unter Blitz und 
Donner in den Himmel entrückt war, wählten die Römer den milden 
Sabiner N n m a P o m p ! l i n s als neuen König. Er gewöhnte 
das Volk an Frieden und Ordnung und gab ihm Gesetze. Eine weise 
Waldfrau namens Egeria half ihm dabei mit ihrem Rate. Der 
König erkannte, daß nur Ehrfurcht gegen die Götter das Volk glücklich 
mache; daher setzte er Priester ein, baute Tempel und schrieb Opfer 
und religiöse Festtage vor. Solange die Römer seine Einrichtungen 
beobachteten, ging es ihnen auch gut, und sie hielten das Andenken 
des weisen Königs noch lange in Ehren. 
Nnmas Nachfolger Tnllus Hostilius war wieder ein 
kriegslustiger Mann wie Romulus. Unter ihm kam es zu einem 
Kriege mit den Einwohnern der Stadt Alba Longa. Statt 
einen Kamps der beiden Heere zu wagen, kam man überein, daß 
je drei Krieger von beiden Seiten miteinander kämpfen sollten; 
wessen Partei siege, dessen Volk solle dem andern untertan werden. 
Man wählte nun als Vorkämpfer Drillinge, und zwar auf römischer 
Seite die § orätier, aus albanischer die K ü r i a t i e r. 
Alsbald stürzten die auserwählten Krieger mit Ungestüm vor. 
Zwei Horätier fielen, aber alle drei Küriatier wurden verwundet. 
Listig begann der letzte Horätier jetzt zu fliehen; als er dann bemerkte, 
daß seine Gegner während der Verfolgung erschöpft hintereinander 
zurückblieben, machte er geschwind kehrt und streckte sie einzeln zu 
Boden. 
Geschmückt mit den erbeuteten Rüstungen der Gefallenen zog 
der siegreiche Horütier in Begleitung des Heeres zur Stadt zurück. 
Am Tore begegnete ihm seine Schwester. Sie war mit einem der 
Küriatier verlobt, und als sie nun unter den Beutestücken des Bruders 
den Kriegsmantel erkannte, den sie selbst für ihren Verlobten an¬ 
gefertigt hatte, brach sie in lautes Wehklagen aus. Da geriet ihr 
Bruder in heftigen Zorn; er zog das Schwert und stieß die Unglückliche 
nieder. „So möge", schrie er, „jede Römerin enden, die einen Feind 
ihres Volkes beklagen wird!" 
Entsetzen erfüllte alle bei der schrecklichen Tat. Der Schwester¬ 
mörder wurde vor die Richter geführt und zum Tode verurteilt. 
Aber sein alter Vater flehte das Volk an, es möge ihm doch den 
einzigen Sohn lassen, der ihm von all seinen Kindern noch übrig sei, 
und gerührt ließ man dem Verurteilten das Leben. 
Der König Tullns Hostilius selbst fand ein elendes Ende. Er 
war allmählich so übermütig geworden, daß er sogar die Opfer ver-
	        
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