IV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
1. Friedrichs des Großen Jugend und Thronbesteigung.
Am letzten Maitage des Jahres 1740 entschlief Friedrich Wilhelm I.
Am Totenbette des Königs redete Königin Sophie Dorothea ihren Sohn
Friedrich zuerst mit dem Titel Majestät an. Friedrich erwiderte in
kindlicher Ehrfurcht: „Nennen Sie mich immer Ihren Sohn, dieser
Titel ist für mich köstlicher als die Königswürde!"
Jugendzeit. Auf eine bewegte Jugend blickte der neue König Friedrich II.
zurück, als er im Alter von 28 Jahren den Thron seiner Väter bestieg. Die
strenge Härte des Vaters hatte er besonders in den ersten zwanzig Jahren
seines Lebens empfunden. Der König wollte den Prinzen nur zum
Soldaten erziehen. Friedrich waren die militärischen Übungen nicht un¬
angenehm, aber es verdroß ihn, daß er der Musik und den Wissen¬
schaften keine Zeit widmen sollte. Er tat es dennoch heimlich; daher
entstand ein ernstes Zerwürfnis zwischen ihm und dem Vater. Der Prinz
wurde sogar körperlich gestraft. Der König verkannte den aufstrebenden
Geist seines Sohnes; er nannte ihn einen Poeten und Querpfeifer. Das
Verhältnis wurde so unerträglich, daß der Prinz den Entschluß faßte,
nach England zu entfliehen. Auf einer Reise, die er mit seinem Vater
an den Rhein machte, sollte der Plan ausgeführt werden. Das Geheim¬
nis wurde dem Köuige verraten und der Fluchtversuch vereitelt. Ju
Wesel fand das erste Verhör des Kronprinzen statt. Friedrich gestand,
daß es seine Absicht gewesen sei, sich aus seiner unangenehmen Lage
durch die Flucht zu befreien. Darauf wurde ihm der Degen abgefordert.
Eiu General erhielt den Auftrag, ihn als Gefangenen nach Küstrin zu
bringen. Ein Kriegsgericht trat zusammen; die Mitglieder erklärten sich
nicht zuständig, über den Sohn des Königs zu Gericht zu sitzen. Von
seinen Freunden, die ihm behilflich gewesen waren, wurde Leutnant Keith
zum Tode verurteilt. Dieser war aber schon nach England entflohen;
bei Leutnant Katte wurde aus lebenslängliche Festungshaft erkannt. Das
Urteil wurde dem Könige vorgelegt. Das Kriegsgericht mutete ihm zu,
über seinen eignen Sohn das Urteil zu füllen. Er jagte hin und her
zwischen Berliu uud Wusterhausen in diesem Widerstreit zwischen den
Pflichten des Königs und des Vaters. Das Urteil über Katte fand er
zu milde, da er sich mit fremden Gesandten in Durchstechereien wegen
der Flucht eingelassen hatte. Als Offizier der Garde sei Katte doppelt
strafbar. Deshalb änderte er das Urteil in die Todesstrafe. Vor den