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Geschichte der Hellenen.
Lakoniens erhoben sich die Messenier. Thnria, Anthia wurden Sammelplätze
des Aufruhrs, und der König Archidamos, in dessen vierten Regierungsjahre
dies Ereignis eintrat, mußte mit der Mannschaft, die er zusammenbringen
konnte, eiligst aufbrechen, um die abgefallene Landschaft wieder zu unterwerfen.
Von Unterstützung der Thasier konnte unter solchen Umständen nicht
die Rede sein. Sie wehrten sich noch bis in das dritte Jahr; dann waren ihre
Mittel erschöpft. Alle Schiffe mußte die stolze Insel ausliefern, ihre Mauern
niederreißen, die Kriegskosten zahlen, das Festland mit seinen reichen Metall¬
renten aufgeben und zu regelmäßigem Tribute an Athen sich bequemen. Es
war ein glänzender Gewinn für die siegreiche Stadt, ein schreckendes Beispiel
für alle schwankenden Bundesgenossen, ein sicherer Fortschritt in der Beherrschung
des thrakischen Meeres.
Kiiuoit stand mm im vollen Glanze des Ruhms, wie kein attischer Feld¬
herr vor ihm. Aber er war mehr als ein gepriesener Feldherr; er genoß in
allen öffentlichen Angelegenheiten das größte Ansehen, er war der Liebling des
Volks, vor dessen Augen er sich aus das glücklichste entwickelt und veredelt
hatte. Denn anfänglich soll er gerade keine großen Erwartungen erweckt
haben. Man fand ihn sogar stumpf von Begriffen, plump in seinem Benehmen,
dabei junkerhaft, rücksichtslos und zu sinnlichen Ausschweifungen geneigt. Aber
unter der Zucht schwerer Lebensverhältnisse war aus dem lockern Jünglinge
ein Mann geworden nach dem Herzen des Aristides, aus dem Sohue des
Gewaltherru in Thrakien und einer thrakischen Königstochter ein echter
Bürger Athens, der auch in seiner Geistesbildung wenigstens den Themistokles
übertraf und in der Volksversammlung das Wort zu führen wußte. Aus
rauher Hülle hatte sich ein edler Kern entwickelt, eine gesunde und tüchtige
Kraft, welche um so segensreicher wirkte, weil sie den Forderungen der Zeit
nicht widerstrebte. Mit Freude hatte man gesehen, wie er die angestammten
Neigungen seines Geschlechts, die Liebe zu Roßzucht und zu ritterlichem Glanze,
ausgegeben und sich der neuen Richtung des attischenLebens, welcher Themistokles
Bahn gebrochen, offen und ehrlich angeschlossen hatte, obgleich er wohl erkennen
konnte, daß die neue Zeit dem Ansehen der alten Geschlechter und ihren
Interessen sehr ungünstig sein würde. Und niemals ist ein patriotischer
Entschluß gläuzeuder belohnt worden.
Die gesunde Natur Kimons bewährte sich darin, daß ihn das Glück nicht
verdarb. Er behielt sein freies, offenes Wesen, feinen graden Sinn, der alle
Ränke haßte, er war ohne eine Spur von gemachter Herablassung, der liebens¬
würdigste Gesellschafter, jedem zugänglich, ein Mann, der in feiner Person
die alte und die neue Zeit auf das liebenswürdigste vermittelte. Vor allem
bewahrte er die Tugenden, durch die von altersher das Hans der Kypseliden
berühmt war, Freigebigkeit und Gastlichkeit, und zwar ohne eine Absichtlichkeit
zu zeigen oder durch Prahlerei zu verletzen. Alles, was er an altem Familien-