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Einleitung.
Wie die geschichtlichen Zeiträume sich nicht einmal mit Jahres¬
zahlen genau begrenzen lassen — die angegebenen Jahreszahlen
bezeichnen nur Höhepunkte der Übergangszeit —, so ist dies bei den
prähistorischen Perioden erst recht nicht der Fall. „Diese Perioden
verschmelzen ineinander wie die Farben des Sonnenspektrums."
Die ältere Steinzeit bezeichnet die Kulturstufe des diluvialen
Menschen. Neben Holz, Knochen und Horn diente vorwiegend der
Stein, den man durch einfaches Zuschlagen zubereitete, als Werkzeug.
Der palüolithische Mensch kannte weder den Ackerbau noch die Vieh¬
zucht; er besaß noch keine aus Tonerde geformten und gebrannten
Gefäße. Er lebte unstät in Höhlen oder unter überhängenden Felsen
(Schwäbische Alp, Fränkische Schweiz, Eisel, Harz), er jagte in der
Voreiszeit, den Zwischeneiszeiten und der Nacheiszeit das Mammut,
den Höhlenbären, den Urochsen, das Wisent und später das Renntier.
Messer. Schaber, Bohrer, Pfriemen, Beile (ohne Ose), Pfeil- und
Lanzenspitzen find die meist anzutreffenden Funde dieser Zeit. Als
der älteste Fund körperlicher Überreste des Menschen gilt der soge¬
nannte Neandertalmensch, der 1856 im Neandertale bei Düsseldorf
gefunden wurde? Nach der Schädelbildung zu urteilen, gehörte er
mit den gleichalterigen Funden aus Spy in Belgien und aus Krapina
in Kroatien einer niederen Kulturstufe der Menschheit an; eine Ab¬
stammung des menschlichen Körpers aus dem tierischen aber läßt sich
„auf Grund des vorliegenden Materials zurzeit weder beweisen noch
direkt widerlegen". (Bumüller.)
Die Diluvialzeit ging allmählich in die gegenwärtige Periode
der Erdgeschichte über. Das kalte und trockene Klima der Eiszeit
wich in Europa einem gemäßigten Klima. Mammut und Höhlenbär
verschwanden völlig, das Renntier wanderte dem Norden zu. Gemse,
Murmeltier und Steinbock zogen sich in höhere Gebirge zurück, und
Löwe, Leopard und Hyäne suchten wärmere Gegenden auf. Dafür
aber erscheinen jetzt neben dem Menschen die Haustiere: Rind, Ziege,
Schas und später Schwein. Der Mensch ist zwar noch vorwiegend
Jäger, gewöhnt sich aber allmählich an eine seßhafte Lebensweise und
beginnt den Acker zu bestellen; er lernt bald auf Mahlsteinen Getreide¬
körner zerquetschen, Brot bereiten, Gespinstpflanzen zu Zeug verarbeiten
und aus Tonerde, freilich noch ohne Töpferscheibe, Gefäße formen und
an der Sonne oder am offenen Feuer brennen. Die ^-teinwerkzeuge
i Näheres über den Neandertalmenschen sowie über die vorgeschichtliche
Zeit am Rhein vgl. des Verfassers „Geschichtsbilder aus dem Rheinlande".
2. Aufl. 1906. Bonn, Hanstein oder „Heimatsgeschichte der Rheinprovinz". 1906.
Seite 2 und ff.