Full text: Von der Urzeit bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges (1)

§ 3. Die Völkerwanderung. 
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§ 3. Die Völkerwanderung. 
Literatur: Arnold, Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme. 1875. 
— von Erckert, Wanderungen und Siedelungen der germanischen Stämme 
in Mitteleuropa; aus 12 Kartoublättern. 1901. — Gntsche und L-chultze, 
f § 1 — Kaufmann, s. § 1. — Pollmann, Geschichte der Völker¬ 
wanderung. 1863. — von Wietersheim, Geschichte der Völkerwanderung. 
2. Aufl. vou Tahm. 1880. 
Jene Zeit gewaltiger Revolutionen, die in der Umwälzung und 
Umformung aller Staatengebilde Europas in mehr als drei Jahr¬ 
hunderten sich vollzog, sind wir gewohnt, mit dem Gesamtnamen der 
Völkerwanderung zu bezeichnen. Es würde falsch sein, jene Wande¬ 
rungen als Kriegs- und Eroberungszüge einzelner Häuptlinge und 
'ihrer Gefolgschaften aufzufassen; zwar zeigen sich hier und da auch 
derartige Erscheinungen; in der Hauptsache aber sind es Züge ganzer 
Völker, die mit Weib und Kind neue Gebiete aufsuchen. 
Die Triebkraft der Bewegung liegt in der Landnot. Schon 
bevor die Römer am Rhein festen Fuß saßten, dehnten sich die Ger¬ 
manen nach Westen über den Rhein aus. Da kommt Cäsar. Er 
und seine Nachfolger am Rhein gebieten durch die Befestigung der 
Rheingrenze und des Limes der nomadenhaften Ausdehnung der 
Germanen auf die linke Rheinseite Halt und zwingen die Germanen 
zum seßhaften Ackerbau. Dieses junge Ackerbauvolk wuchs rasch an 
Zahl. Bei der wenig ergiebigen Feldgraswirtschast bot das Land 
bald nicht mehr Raum genug für die verhältnismäßig dichte Bevöl¬ 
kerung. Es entstand Landnot. So erklärt sich die Völkerwanderung 
als Folge der durch wirtschaftliche Gründe veranlaßten Übervölkerung. 
Als sekundäre Ursachen erscheinen auch Bedrängung durch die Nachbarn, 
unglückliche Kriege, innerer Zwist, Eroberungssucht und Wagemut. 
Daß die Wanderungen der Germanen sich zum Römerreiche 
hin richten, ist nicht zu verwundern. Dort hoffte man leichter den 
Lebensunterhalt zu finden. Die Germanen wollten sich nicht Roms 
Macht, sondern Roms Schätze aneignen. 
Faßt man nach diesem weiteren Gesichtspunkte die Völkerwanderung 
auf, so beginnt sie mit jenen Zügen der Kimbern und Teutonen; sie 
nimmt ihren Fortgang mit Ariovists Zug nach Gallien, dem Vor¬ 
dringen der Usipeter und Tenkterer über den Niederrhein und den 
Zügen der Goten, Heruler und Langobarden aus dem östlichen und 
mittleren Germanien nach Süden. Durch die erste Wanderung der 
Goten von den Usern der unteren Weichsel nach Südrußland veranlaßt, 
überschreiten die Markomannen, Quaden, Bastarnen und andere 
germanische und nichtgermanische Völker die Grenze des römischen
	        
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