Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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sehr unglücklich; daher mußten die Russen fast alle Eroberungen 
wieder herausgeben. Anna starb im Jahre 1740. Ta sie keine 
Kinder hatte, führte die Frage, wer den russischen Thron erben 
sollte, wieder zu neuen Streitigfetten. 
37. König Friedrich Wilhelm I., 1713—1740. 
Friedrich Wilhelm I., der zweite König von Preußen, war in 
seinem Charakter weder seinem prachtliebenden Vater noch seiner geist¬ 
vollen, hochgebildeten Mutter ähnlich. Das zeigte sich schon in 
seinen Jugendjahren. Seine Mutter hatte zu seiner Erzieherin 
eine feingebildete Französin gewählt. Frau von Rocoulles 
war die Gattin eines französischen Obersten. Sie war in allen 
Fragen der Etikette wohl erfahren und gab sich auch die größte 
Mühe, den Prinzen zu einem vollendeten Kavalier zu erziehen. Ta- 
von wollte dieser aber nichts wissen. Mehr als einmal riß er seine 
Perücke vom Kopfe und warf sie in die Ecke. Er ärgerte sich über 
seine blasse Gesichtsfarbe, weil er nicht wie ein Mädchen aussehen 
wollte, und eines Tages fand man ihn schlafend in der Sonne 
liegen, in der einen Hand eine Speckschwarte haltend, mit der er 
sich das Gesicht eingerieben hatte. Als ihm ein andermal feine Er- , 
zieherin eine Strafpredigt hielt, sprang er aus das Fensterbrett und 
drohte, er stürze sich hinab, wenn sie nicht aufhöre. Große Freude 
fand er dagegen schon in seiner Jugend am Soldatenwesen. Er 
übte sich nicht nur selbst fleißig im Reiten, Fechten und Schießen, 
londern hatte auch schon früh eine kleine Kompagnie Kadetten, die 
er nichtig exerzieren ließ. 
Als sein Vater starb, war Friedrich Wilhelm 25 Jahre alt. 
Zu Lebzeiten seines Vaters hatte er nie in die Regierungsge¬ 
schäfte eingegriffen; aber kaum hatte dieser die Augen geschlossen, 
s o änderte sich die ganze Hofhaltung mit einem Schlage. Noch am 
Sterbetage ließ er sich den Haushaltungsplan des Hofes kommen. 
Wie erstaunte er, als er daraus ersah, daß die jährlichen regel¬ 
mäßigen Ausgaben nahezu eine Million Mark betrugen! Unwillig L 
riet er aus: „Brauche alle diese Müßiggänger nicht! Werde sie alle 
entlassen!" In der Tat behielt er von etwa hundert Hofbeamten
	        
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