wußten sie bann bem Volke allen Lebensmut und olle Lebensfreude
allmählich zu nehmen; dazu drohten sie mit fürchterlichen Höllen¬
strafen dem, der nicht alle Gebote und Satzungen bis aufs kleinste
erfülle. Auch lastete das Kastenwesen, das jede Verbindung der
einzelnen Stünde untereinander ausschloß, wie ein Druck auf dem
Lande und hinderte jede» Aufschwung. Und wenn es auch später, als
im 6. Jahrhuudert v. Chr. in Buddha ein neuer Lehrer und Ge¬
setzgeber auftrat, eine ßeit lang schien, als follte dieser L^rnck von
dem Lande genommen werden, so wußten doch bald wieder die
Priester den Geist der Lebenssrendigkeit, der in seinen Lehren
herrschte, ans Vorderindien zu verdrängen. Immer mehr sank da¬
her das Volk von der Höhe herab, die es erklommen hatte, bis es
zuletzt andern Völkern zum Opfer fiel.
3. Ägypter.
Von dem alten, wunderbaren Indien kommen wir in ein an¬
deres Land der Wunder — Ägypten, das Flußthal des Nil. Bekannt
ist, wie dieser nützliche Strom alljährlich seine User überschreitet und
durch den zurückgelassenen Schlamm das Land düngt, so daß die
Anwohner nur zu säen brauchen, um reiche Ernten zu erwarten.
Wenn im Frühling der Schnee auf den Gebirgen, die dem Nil
sein Wasser geben, zu schmelzen beginnt, so fängt er an, allmählich
zu steigen. Dies geschieht im April, aber nur unmerklich, und nimmt
zu. bis zu Anfang des August ein schnelles Steigen bemerkt wird;
denn nun weht zugleich der Nordwind und hemmt den schnellen
Ablauf des Wassers. Jetzt ist die allgemeine Aufmerksamkeit der
Einwohner auf deu Nil gerichtet. Jeden Morgen unb jeben Abenb
macht ein Ausrufer in ben ©tobten ben Stanb des Nils bekannt,
und hat er die gewünschte Höhe erreicht, so überlassen sich die Ein¬
wohner dem Taumel der Freude. Man umarmt sich, man wünscht
sich gegenseitig Glück und stellt Freudenfeste an. Die Schleusen,
welche das Austreten noch zurückhalten, werden geöffnet, und das
fegenbringende Wasser strömt über und bewässert das Land. Weit¬
hin bietet dann Ägypten einen großen Wasserspiegel dar, aus welchem