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genbcn großen Reichspalast, das Labyrinth, der nicht weniger
als 1500 Gemächer über und 1500 unter der Erde hatte; doch
möge hier nur noch einiges über die Inschriften gesagt werden,
die wir neben Abbildungen fast überall auf den Wänden von^Denk-
mälern, Tempeln und Wohnungen finden. Man nennt diese Schrift¬
formen' Hieroglyphen, uud da die Kunst zu schreiben und Ge¬
schriebenes zu lesen wenigstens in den ältesten Zeiten ein ausschlie߬
liches Vorrecht der Priester war und von diesen ängstlich behütet
wurde, so vermochte man, nachdem später die altägyptische Religion
durch das Christentum verdrängt worden war, lange Zeit hindurch
diese Hieroglyphenschrift nicht mehr zu entziffern, und noch heute
bezeichnet man oft unbekannte Begriffe als Hieroglyphen. Doch
sind sie heute nicht mehr unbekannt; eifrigen Forschern ist es ge¬
lungen, sie lesen zu lernen, nnd ihrem Suchen verdanken wir manche
wertvolle Mitteilung über das Wesen der altägyptischen Sprache
und besonders auch über den Ursprung der Schrift, wie
über deren allmähliche W e i t e r e n t w i ck e l n n g. In den aller-
ältesten Zeiten, da man noch mit wenigen Begriffen auskam, mag
mau wohl die Gegenstände, die bezeichnet werden sollten, einfach
hingemalt haben. Doch nicht lange konnte man bei diesen einfachen
Zeichen stehen bleiben. Nach und nach mußte sich das Bedürfuis
herausstelle«, auch solche Begriffe zu bezeichnen, die nicht durch die
Sinne wahrgenommen werden können. So lernte man Gedanken¬
dinge. Eigenschaften. Thätigkeiten und Zustände darstellen. Den Be¬
griff Gerechtigkeit bezeichnete man schon früh durch eine Wage,
das Geben durch einen ausgestreckten Arm, den Durst durch
ein springendes Kalb, unter das drei Wellenlinien gezeichnet wurden.
Und noch später, als der Begriffe und Wörter immer mehr wurden,
da genügten auch diese Zeichen nicht mehr, und man gelangte von
selbst zu der Lautschrift, die wir noch heute besitzen. So ent¬
standen die phonetischen Hieroglyphen, die dann immer mehr ver¬
einsacht wurden und die Grundlage fast aller noch heute bestehenden
europäischen Schriftformen bilden.
Von der Geschichte der alten Ägypter möge nur einiges hier
erwähnt werden. Die älteste Geschichte ist, wie bei allen Völkern,