— 112 — 
5. Das Kreuzheer zu Antiochia. 
Herbste 1097 erreichte das Kreuzheer Syrien 
un‘) belagerte Antiochien. Die Stadt war mit einer 
^ doppelten Mauer umgeben, die von solcher Dicke 
war, daß ein Wagen ohne Gefahr auf ihr fahren konnte; 
450 starke Thürme erhoben sich über die Mauer. Etwa 
25,000 Türken vertheidigten die Stadt. Ganze 9 Monate 
widerstand sie der Belagerung, obschon die Fürsten und 
ihre Schaareil Wunder der Tapferkeit verrichteten. Einst 
sprengte ein türkischer Reiter von riesenmäßiger Kraft 
und Größe ans Gottfried von Bouillon heran und zwischen 
beiden begann ein furchtbarer Zweikampf. Die Schwerter 
blitzten, es folgte Schlag auf Schlag. Jetzt hob der Türke 
sein Schwert zu einem gewaltigen Hiebe. Gottfried hielt 
seinen Schild vor; aber der mächtige Schlag spaltete die¬ 
sen in zwei Theile, und eben schwang der Türke sein 
Schwert aufs neue, um dem schutzlosen Ritter den Kopf 
zu spalten. Da hebt sich Gottfried anf seinem Rosse, 
hoch blitzt sein Schwert in der Luft und sausend fährt es 
mit Riesenkraft in die Schulter des Feindes, durchschneidet 
der Länge nach dessen Brust und findet auf der andern 
Seite am Gürtel feinen Ausweg. Die obere Hälfte des 
getheilten Türken fällt zu Boden, die untere aber bleibt 
im Sattel sitzen, und zum Grausen aller, die es sehen, 
rennt das Pferd so mit Blut übergössen nach der Stadt 
zurück. 
Erst tut Sommer 1093 wurde Antiochien von den 
Kreuzfahrern erobert. Aber kaum freuten sie sich ihres 
Glückes, als am 3. Tage nach der Einnahme ein furcht¬ 
bares Heer von den benachbarten türkischen Fürsten vor¬ 
der Stadt erschien und sie nun in derselben einschloß. 
Das christliche Heer, das in so kurzer Zeit die Stadt 
nicht mit den nöthigen Lebensmitteln hatte versehen 
können, gerieth in die schrecklichste Noth. Man aß Pferde, 
Kameele, Esel, gekochte Thierhäute und Baumrinde. Durch 
Hunger und Noth ermattet, auf allen Seiten mit Gefahren 
umringt, verloren viele den Muth und ließen sich zur
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.