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waren, daß man einen wilden, ungezähmten Stier herbei¬
bringen und einen starken Löwen auf dieses Thier loslassen
solle. Der Löwe stürzte sich mit einem heftigen Sprunge aus
den Stier, faßte ihn beim Nacken und warf ihn zu Boden.
Als die Thiere über einander lagen, wandte sich der
König zu den umstehenden Höflingen und sprach: „Wer
entreißt dem Löwen seine Beute?" Sie sahen einander
stumm und betroffen an, endlich murmelten sie: „Herr,
wer möchte solches wagen?" Pipin erwiederte nichts, son¬
dern stieg schweigend von fernem Thronsessel und trat
in die Schranken. Mit gezücktem Schwerte ging er aus
den Löwen los; ein kräftiger Hieb, und der Kopf des
Löwen lag Zu feinen Füßen; und wiederum mit einem
Streiche trennte er auch den Kopf des Stieres von dem
starken Halse. Als der König zurückkehrte, sprach er blos
die Worte: „Ich bin zwar klein, aber starken Armes."
Niemand hat seitdem mehr über seine kleine Gestalt
gespottet.
7. Der hl. LonifaMs.
^EAonifazius stammt aus einer adeligen Familie und
wurde 680 zu Kirton in England geboren. In der
h. Taufe erhielt er den Namen Winfried. Da der
Knabe große Lernbegierde zeigte, hoffte der Vater,
etwas Großes aus ihm zu machen und schickte ihn in eine
Klosterschule. Hier lernte er die lateinische Sprache, las
die Legenden der Heiligen und hörte mit großer Auf¬
merksamkeit die Leiden Christi und seiner Apostel erzählen.
In stillen Stunden dachte er über das Gehörte nach, und
dabei wurde es ihm klar, daß man zumeist für die Seele
sorgen und deren Heil sichern müsse. Je länger er sich
diesen Betrachtungen hingab, um so größer wurde die
Sehnsucht, sich ganz seinem Erlöser und dem Dienste des