§ 2. Zustände bei den Germanen. 9
3. Kriegswesen. Die wehrhaften freien Männer bildeten den Heer- Heerban»,
bann. Er bestand der Hauptsache nach aus Fußvolk. Aber auch die ger¬
manischen Reiter waren wegen ihrer Gewandtheit und Tüchtigkeit überaus
gefürchtet; sie warfen z. B. als Hilfstruppen Cäsars oft weit überlegene
Schwadronen gallischer Reiter über den Hausen. Eine Satteldecke zu be¬
nutzen, rief bei den Sweben Spott und Hohn hervor. Die Bewaffnung Bewaffnung,
war sehr unzureichend: Keulen, Steinhämmer, Steinäxte und die Framea,
eine kurze Lanze mit einer eisernen Spitze zu Stoß und Wurf, dienten als
Angriffswaffen. Nur wenige befaßen einen Helm oder Panzer oder auch
nur eilt Schwert; die allermeisten deckten den Leib mit einem Schild aus
Holz oder Weidengeflecht. Sipp enw eise stand das Fußvolk beieinander und Schlachtordnung,
war oft keilartig aufgestellt. In schnellern Laufe suchte man den Feind zu
überrennen, wobei die gewandtesten über die erste feindliche Reihe hinweg¬
sprangen und sie dann von hinten faßten. In den Schlachten mit den Römern
entriß ihnen freilich meistens die Reserve den Sieg. Die Abteilungen führten
Feldzeichen mit sich, die man in Friedenszeiten in einem heiligen Hain
verbarg.
4. Lebensweise. Als ein echtes Naturvolk verschmähten die Germanen den
Aufenthalt in Städten. Wo ihnen eine Quelle, eine Wiese oder ein Hain ge¬
fiel, da bauten sie sich ihre Wohnstätten mit den Wirtschaftsgebäuden, die ein
Zaun oder eine Hecke umschloß. Die Häuser zimmerten sie aus Holz und Hausbau,
deckten sie mit Schilf oder Stroh; in der Mitte ward der Herd errichtet. Am
Hauptbalken an der Vorderseite war das Zeichen des Besitzers angebracht, eine
Sitte, die sich bis zum Ende des Mittelalters allgemein und bei Gasthäusern
noch bis heute erhalten hat (vgl. S. 90). In den Zeiten der Wanderung
bildete der Wagen die Wohnstätte. Während im Tiefland des Westens viel
Einzelgehöfte vorhanden waren, wohnte man im Osten in offenen Dörfern.
Die Hauskleidung der Männer bestand aus einem wollenen Mantel. Sonst Kleidung u»d
trugen sie Tierfelle, die sie gern mit buntgeflecktem Pelzwerk besetzten. Die '■fiat,rul,9-
Nahrung nahm man im Gegensatz zu den Römern vorwiegend aus dem
Tierreich. Dies lieferte Fleisch, Milch und Käse, wozu man noch Haferbrei
und wildes Obst genoß. Ans dem Honig der Waldbienen und aus Gerste be¬
reiteten die alten Deutschen den Met (Bier). Den größten Wert legte man
ans Körperpflege und Abhärtung; selbst in der kalten Jahreszeit badete man
gern im Freien. Die Germanen kannten wenige Gewerbe und überließen sie, Beschäftigungen,
als ob sie freier Männer unwürdig wären, den Unfreien. Auch die Arbeit
im Haus und auf dem Felde lag diesen und den Frauen ob; denn bei aller
Scheu und Verehrung, die der Germane dein sinnigen Wesen der Frau in
religiöser Beziehung gelegentlich entgegenbrachte (vgl. Abschnitt 5), war sie
ihm im gewöhnlichen Leben doch nur eine wertvolle Arbeitskraft, die er sich
in den ältesten Zeiten raubte, später vom Vater loskaufte. Der freie Mann
selbst zog in den Krieg, in die Versammlung oder ans die Jagd; sonst lag er
am liebiten ,,aus der Bärenhaut" am Herd oder saß mit anderen beim Ge¬
lage und Pflegte das Würfelspiel. Dabei vergaß er sich zuweilen so weit,
daß er, wenn er feinen Besitz verspielt hatte, seine eigene Person einsetzte. Von
Kunst und Wissenschaft war noch zur Zeit Cäsars keine Rede. Doch kannte Buchstaben,
man Buchstaben, die man ursprünglich aus Buchenstäbchen (später auch auf