— 144 —
Dornen und Gestrüpp bewachsen
und mit Warttürmen besetzt. Von
ihnen spähten die Wächter weit
ins Land und stießen ins Horn,
wenn sie den nahenden Feind oder
sonst etwas Verdächtiges bemerkten.
Zur Verteidigung der Stadt war
jeder Bürger verpflichtet. Die
Waffenübungen der Bürger fanden
gewöhnlich um Pfingsten statt und
waren in vielen Städten mit einem
Vogelschießen verbunden.
3. Das Innere der Städte ent¬
sprach dem prächtigen Anblick von
außen nicht. Die Straßen waren
schmal angelegt und höchst schmutzig
gehalten, auch nicht gepflastert.
Bei schlechtem Wetter mußte man
Holzschuhe tragen. Das unreine
Wasser sammelte sich zu tiefen
Pfützeu oder floß in breiten Rinnen
von einer Straße zur anderen.
Vor den Haustüren lagerten Dung¬
haufen. Seuchen und Krankheiten
waren die Folgen dieser Unsauber-
keit. Die Häuser wurden meist aus
Holz gebaut und mit Stroh gedeckt.
Große Feuersbrünste waren des¬
halb nichts Seltenes, zumal sich
auch die Scheunen innerhalb der
Stadt befanden. Die Straßen
führten ihren Namen häufig nach
den Handwerkern, die daselbst
wohnten. Auf gerade Anlage
der Straßen legte man kein Ge¬
wicht. Hausnummern gab es
nicht. Die Häuser hatten hin¬
gegen ein Abzeichen auf einem
Schilde oder einem über der
Haustür eingefügten Steine. Bei dem beschränkten Raume innerhalb
der Stadtmauer besaßen die Häuser eine Höhe von mehreren Stockwerken;
die oberen Stockwerke sprangen über die unteren hervor. Außerdem hatten
die Häuser Erker und Söller. Wegen dieser Vorbauten konnte man von
der Straße aus kaum ein Stück vom blauen Himmel sehen. Die Fenster waren
klein, ihre kleinen grünen Butzenscheiben mit Blei eingefaßt. Viele Bürger
trieben ländliche Beschäftigung; sehr verbreitet war die Schweinezucht.
Die Borstentiere liefen frei auf der Straße umher, oft auch durch die
geöffnete Haustür in die Häuser hinein. Eine Beleuchtung der Straßen
kannte man für gewöhnlich nicht. Wollte ein Ratsherr oder vornehmer
Bürger am Abend ausgehen, so schritt sein Diener mit einer Fackel oder
Laterne vor ihm her. Sonst blieb jeder am Abend gern zu Hause und