120
D. Der Weltkrieg.
Der deutsche
,,Militarismus"
u. seine Feinde.
Die äußere Ver¬
anlassung zum
Weltkrieg.
gebärden. Das hat natürlich irrt Ausland die Achtung vor uns Deut¬
scheu oft herabgesetzt. Auch wollen wir nicht in Abrede stellen, daß der
Deutsche infolge seiner guten Schulbildung, die von allen Kulturvöl¬
kern als hervorragend anerkannt wird, leicht andern Völkern gegenüber
seine Überlegenheit stark zur Schau trägt und ihnen dadurch lästig
fällt. Und so könnte man gewiß noch mancherlei Züge des deutschen
Wesens aufzählen, die dem Ausländer mißfallen mögen. Aber nicht
diese Schwächen des deutschen Wesens sind der Grund jenes Hasses
unsrer Gegner, sondern unsere Vorzüge.
Unsere Feinde können es uns nicht verzeihen, daß der deutsche Kauf¬
mann durch seinen unermüdlichen Fleiß überall in der Welt ihnen den
Rang streitig macht, daß die deutschen Fabriken in fast allen Zweigen
die besten Waren liefern, daß die deutsche Flotte überall auf dem
Meere zu finden ist, daß das deutsche Heer eine unübertreffliche Aus¬
bildung und nie wankende Vaterlandsliebe besitzt. Kurz, um deutscher
Tüchtigkeit willen, die sie „Militarismus" nennen, wollen unsre
Feinde und Neider das Deutsche Reich, ja, das ganze Deutschtum ver¬
nichten. So lastete trotz der friedlichen Gesinnung unsres Kaisers und
des ganzen deutschen Volkes schon lange auf der Welt die Ahnung
eines schweren Kriegsgewitters, das über Deutschland und seinen treuen
Verbündeten, das österreichisch-ungarische Kaiserreich, sich
zu entladen drohte. Unablässig gingen geheime und offne Verhand¬
lungen zwischen Frankreich, Rußland und England hin und
her; immer dreister wurden die Anspielungen auf die Vernichtung
Deutschlands in den Zeitungen und selbst in den Volksvertretungen
dieser Länder; unter verletzender Zurücksetzung Deutschlands teilten
die andern drei Großmächte unter sich die Welt auf. Diese von England
geleitete „Einkreisung" zwang uns, zur Sicherung des Vaterlandes
Heer und Flotte zu verstärken. Daraus machten nun wieder die uns
feindlich gesinnten Völker dem deutschen „Militarismus" den Vor¬
wurf der Angriffslust und Herrschsucht, und so wurde die feindselige
Stimmung gegen uns immer größer.
Den Ausbruch des Krieges beschleunigte eine furchtbare Schandtat.
Das Königreich Serbien war nach den beiden „Balkankriegen" von
1912 und 1913 bedeutend vergrößert worden, aber trotzdem nicht zu¬
frieden. Man versuchte mit allen Mitteln die Stammesbrüder in den
österreichischen, aber von Serben bewohnten Provinzen Bosnien und
Herzegowina zum Abfall zu reizen. Am 28. VI. 1914 wurde der
Neffe des greisen Kaisers von Österreich, der Thronfolger Erz¬
herzog Franz Ferdinand und seiner Gemahlin in der bos-