273
auf dessen Befehl enthauptet, Peter von seinem Anhang mit Zustimmung
Heinrichs auf den ungarischen Thron, aber als Vasall Deutschlands, erhoben.
Zu Stuhlweißenburg übergab er mit einer goldenen Lanze sein Reich an
Heinrich. Das war den Ungarn schon verächtlich genug; allein keine Er¬
fahrung vermochte den unbesonnenen Mann vor neuen Uebereilungen zu
warnen; er fuhr fort sein Volk durch Bevorzugung der Fremden zu reizen;
bald kostete ihm eine neue Verschwörung des Adels den Thron, die Augen,
das Leben (1047). Sein erwählter Nachfolger, Andreas, ließ sich als un-
betheiligt an diesen Greuelthaten entschuldigen, Tribut und Dienstleistung
anbieten.
Auch Polen erkannte die Oberhoheit des deutschen Reichs an, nachdem
Casimir, des Miesko Sohn, mit Heinrichs oder doch mit deutscher Unter¬
stützung den Thron seiner Väter kämpfend zurück erobert hatte.
Eben so sehr, wie für das Ansehn des Reichs unter den benachbarten
Völkern, war Heinrich für die innere Ruhe desselben besorgt und betrieb
auch diese Angelegenheit mit dem ihm eigenen Schwung des Geistes.
Italien, England, Frankreich waren in den Jahren 1028 bis 1030 von
großen Leiden heimgesucht; Überschwemmung, Hunger, Pest wütheten und
rafften eine große Menge von Menschen dahin. Als im Jahre 1031 bessere
Zeiten erschienen, ergriff die Geistlichkeit Aquitaniens diesen Anlaß, um auf
die Segnungen des Friedens in feurigen Reden hinzuweisen, den Menschen ihre
Sünden und Leidenschaften vorzuhalten und an die Strafen Gottes in
dieser und jener Welt zu erinnern. Die Gemüther waren für diese Er¬
mahnungen empfänglich, denn viele Wunden der kaum überstandenen schweren
Zeit bluteten noch, und es entstand eine wahre Begeisterung für die Siche¬
rung des Friedens. Da die Sitten der Zeit einer gänzlichen Verbannung
des Faustrechtes noch zu große Hindernisse in den Weg legten, gelang es
doch endlich, den sogenannten Gottesfrieden (treuga Dei), als Ruhepunkt
für die Kämpfe zwischen den Bewohnern desselben Staates festzuhalten.
Von Mittwoch bei Sonnenuntergang bis Montag bei Sonnenaufgang, an
hohen Festtagen, in der Fastenzeit, sollten die Waffen ruhen; wer in dieser
Zeit den Frieden brach, sollte als Feind Gottes betrachtet, im Staate ge¬
ächtet, von der Kirche gebannt werden. Diese christlich-friedliche Bewegung
der Gemüther verbreitete sich aus dem südlichen Frankreich nach Deutschland;
der gottesfürchtige, hochstrebende König Heinrich war dafür vollkommen
empfänglich, und als im Jahre 1043 in Deutschland eine große Hungers¬
noth ausbrach, ergriff er die Gelegenheit, um auf dem Reichstag zu Constanz
in friedlich- menschenfreundlicher Gesinnung Allen vorauszugehen, durch
Milde gegen die Menschen und Demuth gegen Gott ein schönes Beispiel
zu geben, seinen Feinden öffentlich zu verzeihen und alle Anwesenden laut zu
gleicher Versöhnlichkeit zu ermahnen. Es konnte, um Deutschland und zu¬
gleich die Macht des Königs zu heben, kein besseres Mittel geben, als
Friede und Gesetzlichkeit, die ersten Bedingungen des Wohlstandes der Bürger.
Es war jedoch nicht sowohl Politik, als wirkliches Herzensbedürfniß des
Königs, für das Wohl feiner Unterthanen, für das Heil der Christenheit mit
allen Kräften zu sorgen. Bald herrschte in dem größten Theil von Deutsch¬
land mehr Sicherheit und Friede, als in undenklichen Zeiten zuvor.
Um das Überhandnehmen des Fehderechts zu erklären, muß man da¬
raus zurückkommen, welche gewaltsame Zeiten Deutschland seit Karl dem
Großen zu ertragen hatte: den Bürgerkrieg der Carolinger, die Normannen,
18