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Seit Friedrich sich mit den Lombarden verständigt und sein Auge auf
Neapel geworfen hatte, drohte ein neuer Streit die Kirche und das Kelch
für immer zu entzweien; dieser wurde zwar durch den dritten Hreuzzug und
durch Friedrichs Theilnahme an demselben aufgehalten, er brach aber bald
nachher noch weit furchtbarer aus.
daß er auch heute den mir gebührenden Platz widerrechtlich einnehme." Da sagte
der Kaiser zum Erzbischof: „Hört Ihr, was der Abt sagt? In #olge fernes Ge¬
suches bitten wir Euch, heute unser Fest nicht stören zu wollen und chm den Platz,
auf den er Anspruch zu haben behauptet, nicht zu verweigern." Nach dieser An¬
rede erhob sich der Erzbischof und sprach: „Herr, es geschehe, tote es Euch gefallt,
der Herr Abt möge den Platz, den er verlangt, einnehmen, ich aber will mtch mit
Eurer Erlaubniß in meine Herberge begeben." Als er sich daraus schon zum Fort¬
gehn anschickte, stand an der Seite des Kaisers der Bruder desselben, der Pfalzgras
vom Rheine, auf und sprach: „Herr, ich bin ein Lehnsmann des Kölner Herrn:
es ist billig, daß ich ihm folge, wohin er geht." Darauf erhob sich auch der Graf
von Assowe (Nassau) und sprach: „Auch ich werde mit Eurer Erlaubniß meinem
Herrn, dem Erzbischof folgen." Ebenso erklärte sich auch der Herzog von Brabant
und viele andere vornehme Männer. Da entgegnete Landgraf Ludwig, welcher ein
Lehnsmann des Abtes war, dem Grasen von Assowe: „Ihr habt Euer Lehn heute
schön verdient." Jener antwortete: „Ich habe es verdient, und werde das be¬
weisen, wenn's Noth thut." Als nun der Erzbischof fortging, sprang der jugend¬
liche König, der ein gewaltiges Aussehn entstehen sah, von seinem Sitze auf, stel
dem Erzbischof um den Hals und sprach: „Ich bitte Dich, liebster Vater, bleibe
hier, und verwandle Unsere Freude nicht in Tauer." Auch der Kaiser selbst bat
ihn zu bleiben, indem er sagte: „Ich habe in meines Herzens Einfalt gesagt, was
ich gesagt habe, und Ihr wollt mit erregtem Gemüthe fortgehn? Thuet doch so
Uebles nicht und verkehret nicht unsere Ruhe in die größte Unruhe." Da ant¬
wortete der Erzbischof: „Ich hätte nicht gedacht, daß Ihr mir in Gegenwart aller
Fürsten eine solche Kränkung zufügen würdet. Sehet, ich bin in Eurem Dimste
alt geworden, und für den Kamps, den ich mit Gefahr meines Lebens für Euch
bestanden habe, zeugen die grauen Haare meines Hauptes. Und was noch mehr
ist, o des Schmerzes! viele Beängstigungen und Bekümmernisse meiner Seele habe
ich durchgemacht und des Kaiserthums willen niemals mich oder mein Glück ge¬
schont. In der Lombardei habt Ihr meine Ergebenheit gesehen, in Alexandria
(Alessandria) nicht minder die Treue meines Herzens erprobt, und was ich in
Sachsen nicht ein Mal, sondern oft gethan habe, wißt Ihr. Und da idj mttx in
allen diesen Dingen Keinem nachgestanden habe, so wundert es mich, daß Ihr mir
heute diesen Abt habt vorziehen wollen, dessen Anmaßung Euch selbst mir verdächtig
macht; denn hätte er nicht gemerkt, daß Ihr mit meiner Demüthigung einver¬
standen wäret, so hätte er gegen mich nie seine Ferse erhoben. Jetzt mögen denn,
wenn's beliebt, die Sessel in üblicher Weise hingestellt werden, und wenn er den
meinigen umstößt, so mag er ohne Widerspruch dem Höchstgestellten gleich sein."
Der Kölner hatte nämlich die Anmaßung des Abtes schon vorher gemerkt, und
war mit 4064 Mann zu Hofe gezogen. Da erhob sich der Kaiser und sprach:
„Meine Unschuld in Bezug auf Euren Vorwurf erkläre ich hiermit ausdrücklich;
habt Ihr aber noch Argwohn, so. zweifelt nicht, daß ich bereit bin, mich auf der
Stelle mit einem Eide zu rechtfertigen." Und damit streckte er die Hand aus, um
sie sogleich auf die Reliquien zu legen.*) Als der Erzbischof dieses vernahm,
wurde er ruhig und sprach: „Das genügt, Euer Wort gilt mir statt eines Eides."
Die aber, die die Störung verursacht haben, werden sich nicht so leicht von diesem
Verdachte reinigen können. Der Kaiser aber sagte zum Abte: „Ihr müßt von
*) Diese berührte man bei der Eidesleistung wie jetzt die Bibel.