Full text: Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. (Th. 1)

Ludwigs Hauspolitik und Tod. Ludwig würde sich jetzt auch besser 
in Ansehen gehalten haben, hätte er nicht das Bestreben gezeigt, seine Hausmacht 
übermäßig zu vergrößern. So belehnte er nach dem Aussterben der Askanier 
(1320) seinen Sohn Ludwig mit der Mark Brandenburg, ohne die Rechte der 
nächsten Verwandten zu achten. Dadurch daß er die Ehe der Margarethe 
Maultasch, Erbin von Tirol, mit einem Sohne Johanns von Böhmen eigen¬ 
mächtig löste und dieselbe seinem Sohne Ludwig von Brandenburg vermählte, 
brachte er Tirol an sein Haus. Durch seine Gemahlin, die Schwester des Grafen 
Wilhelm von Holland, welcher gegen die Friesen siel, erwarb er Holland, See¬ 
land, Friesland und Hennegau. Dieses bedrohliche Anwachsen der bairischen 
Macht machte die Fürsten besorgt. Wegen seines Eingreifens in geistliche Rechte 
bei Auflösung der Ehe der Margarethe von Tirol von Papst Clemens VI. aber¬ 
mals in den Bann gethan, verlor Ludwig den Boden vollends unter seinen Füßen, 
als jener es dahin brachte, daß er als ketzerischer Kaiser abgesetzt und 1346 
Markgraf Karl von Mähren, Sohn des (1346 in der Schlacht bei Crecy ge¬ 
fallenen) Königs Johann von Böhmen, von fünf Kurfürsten unter erniedrigenden 
Bedingungen zum Gegenkönig erwählt ward. Treu blieben ihm nur die Fürsten 
des baierischen Hauses (Pfalz, Brandenburg u. f. w.) und besonders auch die 
Mehrzahl der Städte, so daß er sich bis zu seinem Tode zu halten vermochte, ja 
wohl gar über seinen Gegner den Sieg davon getragen haben würde, hätte ihn 
nicht 1347 auf der Jagd in der Nähe von München bei einem Sturze ein plötz¬ 
licher Tod ereilt. Er ward zu München beigesetzt. 
XVI. Eine -rutsche S'tnM.*) 
Auf einer fast unabsehbaren Verschiedenheit der localen Verhältnisse 
regt sich die gestaltende Kraft in den Städten, jede Stadt hat ihre eigene 
Geschichte, in keiner ist Recht, Entwickelung, Schicksal den Nachbarstädten 
völlig gleich. Jede der größeren bildet einen kleinen Staat, hat eigen¬ 
thümlichen Antheil an der großen Entfaltung der Production in den 
nächsten Jahrhunderten und zeigt dem Beschauer einen originellen Charakter. 
Zuweilen gliedert sich das Leben einer Landschaft durch zwei Hauptstädte, 
in Schwaben sind Ulm und Augsburg, in Franken Nürnberg und Frankfurt, 
welche als Reichsstädte das ältere Bamberg überwachsen, in Baiern das 
herzogliche München und das freie Regensburg, um 1300 neben Erfurt 
wohl die größte Stadt Deutschlands, die Mittelpunkte der Landschaften. 
Dann die beiden Endpunkte des Elsaß, Basel und Straßburg, in der 
Schweiz Zürich und Bern, am Mittelrhein Mainz und Köln, daneben die 
alte Kaiserstadt Aachen, unter allen Reichsstädten am meisten durch kaiser¬ 
liche Privilegien begnadigt. In Thüringen Erfurt und an der Elbgrenze 
Magdeburg, im Gebiet der Saale Halle und Leipzig, an der Nordsee 
Hamburg und Bremen, an der Ostsee aber die jüngste der Hansaschwestern, 
welche alle an Macht und Ruhm überwuchs, die Furcht der Könige, Lübeck. 
Endlich in dem östlichen Deutschland, das fremdem Volksthum abgerungen 
war oder jetzt colonisirt wurde, an der Donau der große Markt Wien, an 
der Moldau das vielthürmige Prag, welches durch ein halbes Jahrhundert 
für die Hauptstadt Deutschlands gelten konnte, und noch weiter im Osten 
der neue Markt Breslau, erst vor kurzem nach deutschem Stadtrecht geordnet, 
aber bereits ein wichtiger Vorposten deutscher Kultur. 
*) Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. II. 113 sf. (verkürzt.)
	        
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