Full text: Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. (Th. 1)

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in Gallien fremden Mysterien eingeweiht war, ein Jüngling im Flaumbart, 
aber wacker über sein Alter. Außer diesem fünf Könige, zehn Königskinder, 
eine große Schaar Edler vor einem Heervolk von 35,000 Männern ver¬ 
schiedener Stämme, die um Sold, Beute und als Verbündete fochten. 
Wild klangen die Tuben, langsam rückte das Fußvolk des linken 
Römertreffens vor, aber der Führer hielt unweit der Gräben an, in denen 
die Germanen sich verdeckt bargen, und stand fest, besorgt um den Hinter¬ 
halt. Noch einmal reiten die Ordner der Schlacht in beiden Heeren die Schaaren 
entlang und mahnen zu tapferer That. Aber die Germanen erheben Geschrei 
und fordern, daß ihre Fürsten von den Rossen absteigen und das Schlachten¬ 
loos des Volkes theilen. Sogleich schwingt sich Chnodomar von seinem 
Roß, wie er, thun die andern, zu Fuß ziehen sie ihren Schaaren voran. ^ 
Von beiden Seiten schreiten die Schaaren in den Kampf. Die Wurf¬ 
geschosse fliegen. Aber die Germanen, nur auf den Ansturm denkend, 
springen, das Schwert in der Rechten, mit wildem Schlachtgesang gegen 
die Reihen der Römer; grimmig ist ihr Muth, ihre flatternden Haare 
starren, die Augen glühen im Schlachtenzorn. Die Reiter der Römer 
halten Stand, sie schließen sich fest an einander, decken sich mit dem Schild, 
werfen die Speere und ziehen die Schwerter. Auf der andern Seite 
stürmt Fußvolk der Vortruppen gegen Fußvolk, die Römer drängen die 
Schilde zu dichtem Walle zusammen. Dicke Staubwolken erheben sich 
zwischen den Heeren, die Schlacht wogt hin und her, die Haufen wühlen 
sich in einander, sie stoßen und weichen. Erprobte Schlachtgänger der 
Germanen im Römerheer lassen sich auf das Knie nieder und stemmen sich 
fest, die Alemannen zurückzutreiben. Aber der Grimm wird zu groß, Hand 
geräth an Hand und Schildrand stößt an Schildrand, die Himmelswölbung 
klingt wieder von lautem Geschrei der Jauchzenden und Fallenden. Der 
linke Flügel der Römer dringt vor. Aber gegen bie gepanzerten Reiter 
des rechten stürzen die Fußgänger der Alemannen, die leichten Begleiter 
ber Rosse, sie tauchen nieder auf den Boben, sie erstechen von unten das 
Roß und bohren dem fallenden Retter das Messer in die Fugen der 
Rüstung. Gesprengt suchen die Reiter Schutz hinter den Cohorten. Da 
reitet der Cäsar*) ihnen entgegen, ihn verkündet das Drachenbild von Pur¬ 
purseide, von dem Langspeer hängt es wie die abgestreifte Haut einer 
Schlange. Er hemmt ihre Flucht und ruft gegen die andrängenden Ale¬ 
mannen das Fußvolk. 
Es sind die Cornuten und Brachialen, Germanen in römischen Sold, 
kriegsharte Männer. Sie erheben einen starken Barritus, der in der Gluth 
des Kampfes mit leisem Gemurmel beginnt, allmählich anschwillt und endlich 
rauscht, wie die Brandung der Wellen an den Strandklippen. Gewaltig 
wird der Gedrang; in der Luft schwirren die Pfeile, wieder wirbelt dichter 
Staub empor und verhüllt den Männermord; Waffe dröhnt an Waffe 
und Leib an Leib. Aber die Alemannen fahren wie Feuerflammen auf 
dem Grunde den Feinden entgegen; die Söldner zwar heben ihre Schilde 
zum Schutzdach, aber die Schwerthiebe schmettern auf Schilde und Leiber 
und brechen Schilddach und Leib. — Neue (Sohorten eilen im Schnelllaufe 
zu Hülfe, deutsche Bataver gegen ihre Stammgenossen; daneben die Reges, 
die in der Nothstunde der Schlacht Rettung zu bringen wußten. Wieder 
*) Julianus Apostata.
	        
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