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Die römische Geschichte: 133—30.
In den nächsten drei Jahren wurden 80,000 neue Bauernhufen
geschaffen. Die Schwierigkeiten bei der Vertheilung wuchsen. Am
bittersten beklagten sich die Latiner darüber, dass ihnen Aecker ent¬
zogen würden, welche ihnen durch Senats- und Volksbeschluss zu-
ertheilt wären. Sci^io Aemilianus (Seine Worte aus Od. I., 47)
setzte den Antrag durch, dass die Entscheidung der über die Verthei-
luug entstehenden Prozesse der Commission entzogen werden sollte.
Sein plötzlicher Tod wurde dem Parteiführer Carbo schuld gegeben,
der darauf den schon früher gestellten Antrag durchbrachte, dass die
Wiederwahl zum Tribunate gestattet sei.
Die allgemeine Gährung konnte nicht dadurch beseitigt werden,
dass Caius, der noch leidenschaftlichere und beredtere, jüngere Bruder
des Tiberius, als Quästor zwei Jahre gegen das Gesetz in Sißüien
beschäftigt und der Consul M. Fulvius Flaccus gegen das feindliche
Gallien über die Alpen geschickt wurde, bevor er seinen Antrag durch¬
brachte, den Bundesgenossen das Bürgerrecht zu ertheilen.
286. C. Sempronius Gracchus 123—121. In grösserer Ausdehnung
123 entbrannte der Kampf, als Caius zurückkehrte und 123 und 122 Tribun
122 wurde. Er wollte die Noth des Volkes heben, aber auch die Macht
des Senates untergraben, den er gründlich hasste und wegen seiner
Bestechlichkeit verachtete. Deshalb erneuerte er das Ackergesetz seines
Bruders, beantragte die Gründung von Colonien in Tarent, Capua und
ausserhalb Italiens auf der Stelle von Carthago, sowie das Gesetz
über Wegebauten und das sehr bedenkliche über billigen Verkauf von
Getreide an das Volk.
Um dem Senate zu schaden, setzte er unter anderm durch, dass
die Gerichtscommissionen aus den Rittern gewählt werden sollten.*)
Diese machte er auch durch die ihnen vortheilhafte Verpachtung der
Abgaben Asiens in Rom sich zu Freunden. Die Reihenfolge bei der
Abstimmung der Centurien sollte durch das Loos bestimmt werden.
Nur einer seiner Reformvorschläge, wonach den Bundesgenossen das
Bürgerrecht verliehen werden sollte,**) ging nicht durch, weil dadurch
das Proletariat in der Getreide- und Ackervertheilung benachtheiligt,
schien.
Deshalb gelang es dem Senat, als Caius zur Einrichtung der
africanischen Colonie sich entfernt hatte, dieses durch scheinbar noch
günstigere Vorschläge des Tribunen M. Livius Drusus zu berücken.
In Italien, das doch längst vertheilt war, sollten 3000 Bürger in zwölf
Colonien angesiedelt und alles Colonialland in volles, also auch ver-
äusserliches, Eigenthum verwandelt werden. Bei seiner Rückkehr
121 wurde Gracchus 121 nicht wieder zum Tribunen gewählt. An dem Tage,
als das heilsame Gesetz über die africanische Colonie aufgehoben wer¬
den sollte, kam es zum Strassenkampfe, in welchem nach Besetzung
des Aventin Gracchus sich von einem Sklaven tödten liess und 3000
seiner Anhänger umkamen.
287. Die Reaction. Die beiden durch ihre Gesinnung und ihre Fähigkeiten
ausgezeichneten Reformatoren unterlagen in dem zur Revolution ausartenden
Parteikampfe. Die Nobiles setzten sich in dem deshalb erbauten Tempel der
*) Leges agraria, viaria, frumentaria, judiciaria.
**) Lex de civitate socüs danda.