10 1521—1786: Deutschland bis 1618 und die habsburgischen Länder.
ständen des augsburgischen Bekenntnisses bis zum allgemeinen Kon¬
zile gegen das Versprechen, die Türken zu bekriegen, Friede gewährt
wurde. Die Reformierten, der Papst und viele Katholiken waren damit
unzufrieden.
Andere Reformatoren und das Konzil von Trient.
16. Zwingli. In derselben Zeit und von demselben Geiste geleitet,
traten hie und da Reformatoren auf. Im deutschen Reiche vereinigten
Luther und Melanchthon nicht ohne Mühe die von einander abweichen¬
den Bibelforschungen eines Karlstadt, Münzer u. a.
Melanchthon, [ein Neffe Reuchlins, grofser Kenner des Griechischen,
Professor in Tübingen, bildete durch seine Sanftmut die Ergänzung zu Luthers
Charakter.
In der Schweiz predigte Zwingli, zuletzt Weltgeistlicher in Zü¬
rich, gegen die alte Kirche. Sein Lehr system bildete er, absehend
von den bisherigen Einrichtungen und Lehren, von neuem aus der
Bibel, wogegen Luther beibehielt, was derselben nicht zu widersprechen
schien. Zwingli fand Anhänger in Zürich und den mehr ebenen Kan¬
tonen.
1529 Eine Vereinigung mit Luther wurde nach dem Reichstage zu Speier 1529
zu Marburg versucht, mifsgliickte aber an der Verschiedenheit der Abend¬
mahl slehre.
Auch in der Schweiz kam es der neueu Lehre wegen zu Spal¬
tungen und Kämpfen. Als die katholischen Bauern der 5 waldigen
Urkantone von der Zufuhr abgeschnitten wurden, brachen sie plötzlich
1531 hervor und siegten 1531 bei Kappel über das in der Eile gesammelte
Heer. Zwingli fiel. Es wurde Religionsfreiheit den Kantonen von
beiden Seiten zugestanden. Eine religiöse Reaktion machte den Zwie¬
spalt noch schärfer. Seitdem ist auch die Schweiz in religiöse Par¬
teien gespalten.
17. Die Wiedertäufer. Noch weiter gingen auf Grund der freien
Bibelforschung schwärmerische Sekten, Wiedertäufer genannt, weil sie
bei mancher anderen Verschiedenheit der Lehre namentlich die Kinder¬
taufe verwarfen und glaubten, dafs der Erwachsene im Momente der
Taufe ohne sein Zuthun einen neuen Geist in sich aufnehme.
Sie bildeten also die reformatorische Lehre, dafs der Mensch durch blofse
Glaubensthätigkeit in Verbindung mit Gott trete, am weitesten aus. Sie ver¬
warfen auch alle äufseren Heilsmittel der Kirche. Die christliche Liebe hielten
sie für den Grund aller Sittlichkeit, den Krieg damit unvereinbar. Sie verwarfen
selbst alle äufseren Bande des kirchlichen und folgerichtig auch des politischen
Lebens. Sie ahmten das erste Leben der Christen nach und betrachteten das
„Brotbrechen“ als Verbrüderungsakt. Die Ehe war ein Vertrag vor der Ge¬
meinde.
So oft diese Lehre auch von Luther und Zwingli zurückgewiesen und von
den Fürsten blutig unterdrückt war, sie tauchte fast in allen christlichen Ländern
auf und fand manche Anhänger bei den unteren Klassen.
Einzelne Zersprengte wirkten mit ihren Prophezeiungen und Bibelsprüchen
in den reichen Städten am Rhein und in den Niederlanden. Der Amsterdamer
Schneider Jan Bockeisohn und seinMeister, derHarlemer Bäcker Jan Matthys,
1534 machten 1534 in Münster, wo eben lutherische und wiedertäuferische Lehren