Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tage nicht erreichen und
kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der
Hund legten sich unter einen großen Baum, die Katze und der Hahn machten
sich in die Äste, der Hahn aber flog bis in die Spitze, wo es am sichersten
für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Winden 5
um; da deuchte ihm, er sehe in der Ferne ein Fünkchen brennen, und rief
seinen Gesellen zu, es müßte nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine
ein Licht. Sprach der Esel: „So müssen wir uns aufmachen und noch hin—
gehen, denn hier ist die Herberge schlecht.“ Der Hund meinte, ein paar Knochen
und etwas Fleisch dran thäten ihm auch gut.- Nun machten sie sich auf den 10
Weg nach der Gegend, wo das Licht war, und es bald heller schimmern,
und es ward immer größer, bis sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus kamen.
Der Esel, als der Größte, näherte sich dem Fenster und schaute hinein. „Was
siehst du, Grauschimmel?“ fragte der Hahn. „Was ich sehe?“ antwortete der
Esel, „einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber 16
sihen daran und lassen sich's wohl sein.“ „Das wäre was für uns,“ sprach
der Hahn! „Ja ja, ach, wären wir da!“ sagte der Esel. Da ratschlagten
die Tiere, wie sie es anfangen müßten, um die Räuber hinauszujagen, und
fanden endlich ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das
Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen, die Katze auf den 20
Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze auf
den Kopf. Wie das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen insgesamt an,
ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und
der Hahn krähte; dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein,
daß die Scheiben klirrend niederfielen. Die Räuber fuhren bei dem entsetz- 26
lichen Geschrei in die Höhe, meinten nicht anders als ein Gespenst käme
herein, und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich
die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übrig geblieben
war, und aßen, als wenn sie vier Wochen hungern sollten.
Wie die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus und 80
suchten sich eine Schlafstätte, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der
Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Thüre, die Katze auf den
Herd in die warme Asche, und der Hahn setzte sich auf den Hahnenbalken; und
weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein. Als
Mitternacht vorbei war und die Räuber von weitem sahen, daß kein Licht 35
mehr im Hause branute, auch alles ruhig schien, sprach der Hauptmann: „Wir
hätten uns doch nicht sollen ins Bockshorn jagen lassen,“ und hieß einen hin⸗
gehen und das Haus untersuchen. Der Abgeschickte fand alles still, ging in
die Küche, wollte ein Licht anzünden, und weil er die glühenden, feurigen
Augen der Katze für lebendige Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen 40
daran, daß es Feuer fangen sollte. Aber die Katze verstand keinen Spaß,
sprang ihm ins Gesicht, spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief und
wollte zur Hinterthüre hinaus, aber der Hund, der da lag, prang auf und
biß ihn ins Bein; und als er über dem Hof an dem Miste vorbei rannte,
gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinterfuß; der Hahn 4.
aber, der vom Lärmen aus dem Schlaf geweckt und munter geworden war,
rief vom Balken herab „kikerikil“ Da lief der Räuber, was er konnte, zu
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