Full text: Lebensbilder und Charakterzüge der Hohenzollerschen Fürsten seit dem dreissigjährigen Kriege

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König Friedrich II., der Große. 
wenn sie auch in der Wahl ihrer Spiele manchmal entgegengesetzter 
Meinung waren (1). 
König Friedrich Wilhelm I. war während seiner ganzen 
Regierungszeit bestrebt, den Staat von der großen Schuldenlast 
zu befreien, in welche er durch seinen Vater gestürzt war, ihm 
durch eine wohlgebildete und starke Kriegsmacht eine feste Stütze 
zu geben und die tiefgesunkenen Sitten des Volkes durch wahre 
Gottesfurcht zu heben. Er wußte wohl, daß er selbst während 
seiner Regierung dieses große, sich vorgesteckte Ziel nicht voll¬ 
kommen erreichen, daß er vielmehr nur einen kräftigen Anfang 
machen könne. Die endliche Hinausführung mußte er seinen 
Nachfolgern überlassen. Um so viel mehr war ihm deshalb daran 
gelegen, feinen Sohn zu einem sparsamen Fürsten, einem tüchtigen 
Kriegsmann und einem frommen Christen zu erziehen. Daß der 
kleine Kronprinz vortrefflich dazu angelegt war, alle Hoffnungen 
des Vaters zu erfüllen, war nicht zu verkennen, aber es mußte 
der rechte Weg eingeschlagen werden, und den fand Friedrich 
Wilhelm nicht. Vater und Sohn waren grundverschiedene Menschen. 
Des Königs Sinn und Gedanken faßten in allem nur das Prak¬ 
tische ins Auge; das Erhabene und Schöne, welches uns Künste 
und Wissenschaften bieten, stand ihm ferner. Fritzens lebendiger, 
leichtfassender Geist aber konnte sich mit dem Praktischen allein 
nicht begnügen; er strebte nach Höherem. Mit der Sparsamkeit 
ging's noch und mußte es schon gehen, denn der Kronprinz 
bekam niemals viel Geld, und über das Wenige mußte er dem 
Vater genaue Rechnung ablegen. Schlimmer sah es schon aus 
mit dem Kriegshandwerk. Der König überwachte die Ausbildung 
mit aller Strenge. Keine Übung, die die gemeinen Soldaten 
durchmachen mußten, wurde dem Kronprinzen geschenkt. Er 
mußte exerzieren, marschieren und den Wachtposten beziehen; nach 
Wind und Wetter wurde nicht gefragt, trotzdem Friedrich dem 
Knabenalter noch nicht entwachsen war. Doch hierin kam ihm eine 
gewisse persönliche Neigung zum Soldatendienste zu statten, welche 
ihn die mannigfachen Beschwerden überwinden ließ; anders aber
	        
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