Vorwort.
Es ist eine anerkannte Thatsache, daß alle Kinder eine
besondere Vorliebe für „Geschichten" haben. Mäuschenstill
lauschen schon die Kleinen, wenn ihnen die Großmutter erzählt
vom Rotkäppchen, vom Schneewittchen, vom Dornröschen;
gespannt merken auch die Schüler auf, wenn der Lehrer bei
passenden Gelegenheiten eine Geschichte in seinen Unterricht
einstreut. Wie erwärmt sich das Herz für das Schöne und
Gute; wie nehmen sie Partei für den Helden, wie verachten,
verdammen sie das Häßliche, den Feigling, den Faulen. Giebt
sich die erzielte Einwirkung bereits in der Unterrichtsstunde
in Haltung uud Geberden zu erkennen, so bemerken wir die¬
selbe noch in weit höherem Maße, wenn wir unsere Zöglinge
schweigend bei ihren Spielen beobachten. Der kühnste der
Knaben wird als Held auf den Schild erhoben. Er kämpft
unerschrocken gegen Ungehorsame; er verschafft sich mit Leichtig¬
keit Gehör und seinen Anordnungen wird unweigerlich Folge
gegeben. Diese Erscheinung können wir gewiß mit Freuden
begrüßen, und sollte man nun meinen, daß der Unterricht in
der Geschichte, der doch im wesentlichen in der Erzählung und
Wiedergabe von Geschichten besteht, daß die Festlegung des
Lehrstoffes in diesem Unterrichtssache am wenigsten Mühe
machte. Doch hier zeigt sich alsbald der große Unterschied
zwischen Geschichten und Geschichte. Ein jeder in der Praxis
stehende Lehrer weiß sehr wohl, daß gerade der Geschichts¬
unterricht in der Mittelklasse seine bedeutenden Schwierigkeiten
hat. Des Lehrers Pflicht ist es also, zu suchen, zu überlegen,
wie diese Schwierigkeiten so viel wie möglich zu heben sind.
1*