Full text: Lehrbuch der Erdkunde enthaltend die Grundlehren der mathematischen, physikalischen und politischen Geographie sammt der Länder- und Staatenkunde aller fünf Erdtheile

Ärslrr ©heil. 
Mathematische Geographie (in ihren Grundlehren). 
Erstes HauMück: Der 8tern6nhimmet. 
§. 1. Vorstellungen vom Weltall. 
1. ^tolemäus, der um die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. 
lebte und der berühmten Schule zu Alexandrien angehörte, machte den 
ersten Versuch, wissenschaftliche Erklärungen über die Erscheinungen am 
Firmamente zu geben, nachdem das Alterthum sich nur in Mythen dar¬ 
über ausgesprochen hatte. Nach des Ptolemäns System steht die Erde 
fest inmitten von elf hohlen Kugelschalen, die in verschiedenen Abständen 
immer größer werdend einander einschließen. In jede dieser Hohlkugeln, 
die man sich aus fester kryftallartiger Masse bestehend dachte, versetzte er 
Himmelskörper und zwar in die nächste den Mond, in die folgenden 
Mercur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn, daun in die achte 
die sämmtlichen Fixsterne, und die letzten drei benutzte er zu Erklärungen 
anderer Erscheinungen. Dies ptolemäische System, das mit vielen Er¬ 
scheinungen im entschiedensten Widerspruche steht, galt durch das ganze 
Mittelalter hindurch, obwohl in einzelnen Köpfen schon manche Zweifel 
aufstiegen. Wie unwahrscheinlich, dachten schon damals manche, daß die 
großen Weltkörper sich um die kleine Erde bewegen sollen, daß der von 
uns Menschen bewohnte Weltkörper solchen Vorzug genieße, u. s. w. 
Da entstand als Verbesserung das sogenannte ägyptische System, 
nach welchem Mercur und Venus zu Trabanten der Sonne gemacht wurden, 
die letztere aber ihren Lauf um die Erde beibehielt. Auch dieses System 
besriedigte nicht, indem es vieles Wichtige unerklärt ließ und zu mancherlei 
wunderlichen und spitzfindigen Annahmen seine Zuflucht nahm. 
2. Erft in der Mitte des 16. Jahrhunderts, im Reformations¬ 
Zeitalter, erfaßte Nico laus Copernicus, ein Domherr in der Stadt 
Frauenburg am Frischen Haff in der Provinz Preußen, die große Idee 
der wahren Weltordnung, die der Sonne den Mittelpunkt an¬ 
wies, um welchen sich die Planeten, und also auch unsere 
Erde, in Kreisen bewegen, und die tägliche Bewegung der 
Himmelskörper nur scheinbar und als die Folge der Um¬ 
drehung unserer Erde hinstellte. Die Ausbreitung dieser neuen 
Weltanschauung war in jener Zeit des finstern Aberglaubens nicht nur 
schwierig, sondern auch gefährlich, und es ist bekannt, daß der aus¬ 
gezeichnete italienische Astronom Galilei, der das copernicanische System 
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