Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in mittleren Schulen, insbesondere für Militäranwärter- und Kapitulantenschulen

VIII. Kulturoerhältnisse im ausgehenden Mttelalter. 
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12. Jahrhundert wurde es in Rechtsbüchern schriftlich festgelegt. (Sachsen- und 
Schmabenfpiegel. „Sachsenrecht wird daraus ersannt, wie in einem Spiegel die 
Krauen ihr Antlitz pflegen zu schauen.“) Der Richter sollte das Urteil ver¬ 
künden, das die Schöffen fällten. Jeder mußte von Seinesgleichen gerichtet 
werden. Die Hohenstaufen begünstigten das römische Recht. Erst 1900 erschien das 
deutsche Bürgerliche Gesetzbuch. 
(Eine merkwürdige Erscheinung des TRittelalters war das Femgericht. Das 
Urteil wurde nur auf der „roten (rohen) Erde" in Westfalen verkündet. Dort 
stand auch der $reistuhl. Der Vorsitzende hieß Freigraf und die Schöffen Frei- 
schöffen. Sie richteten über Mord, Diebstahl, Meineid, ungerechte Fehde u. a. 
Der verfemte wurde für recht-, fried- und ehrlos erklärt und von den Frei¬ 
schöffen, deren wenigstens drei sein mußten, wo sie ihn trafen, getötet. Zur Zeit 
der Wirren wirkten diese Gerichte oft segensreich. Nachdem das Gerichtswesen 
im 16. Jahrhundert neu geordnet worden war, verschwanden sie allmählich. Doch 
hielten sich einzelne Reste noch bis ins 19. Jahrhundert ($emlinde in Dortmund). 
(1) Wissenschaft. Die Wissenschaft wurde ursprünglich nur in den Klöstern 
und von den Geistlichen gepflegt. Diele Bischöfe und Übte waren Muster der 
Gelehrsamkeit, so Bruno, Erzbischof von döln, Ulrich von Augsburg (Ungarn¬ 
schlacht 955), Adalbert von Prag, Bernward von HildesHeim, Meinward von 
Paderborn, Willigis von Mainz. Daneben seien auch die geistreichen Frauen 
jener Zeit genannt: Mathilde, Adelheid und Theophano aus dem sächsischen Kaiser¬ 
haus und die Rönne Roswitha von Gandersheim. Später sorgten auch die Pfarr- 
und Stadtschulen für den Unterricht des gemeinen Mannes. Rach der (Eroberung 
Konstantinopels durch die Türken (1453) wurden die Schätze des klassischen Alter¬ 
tums auch in Deutschland bekannt, wozu besonders Hifolaus von Cusanus (Lues 
an der Mosel) und (Erasmus von Rotterdam beitrugen. Hifolaus Kopernifus 
aus ühorn (gest. 1573) erfannte die Bewegung der Erde um sich selbst und um 
die Sonne, und Kepler (gest. 1650) brachte neue Gesetze über die Planeten¬ 
bewegung. Krämer (Mercator) erfand eine neue Kartenprojeftion; 1582 wurde 
der gregorianische Kalender eingeführt. (Ein Leibarzt Karls V. entdeckte den 
Kreislauf des Blutes, und Anatomie und Heilfunde machten große Fortschritte. 
e) Bauernstand. Bei den Germanen — besonders im Westen — hatte sich 
schon frühzeitig ein seßhafter Bauernstand entwickelt. Die Wirtschaft war Ratural- 
wirtschaft, erst nach den Kreuzzügen fam die Geldwirtschaft auf. Karl der Große 
gab für seine vielen Meiereien eine gesetzliche Anleitung über Dreifelderwirtschaft, 
Rinderzucht mit Weidegang u. a. und förderte überhaupt die Landwirtschaft sehr. 
Die Gutshöfe jener Zeit waren eingefriedigt (Gehege) und umfaßten Herrenhaus 
mit Wohn- und Schlaffammern, Wirtschaftsgebäude und Gärten, worin allerlei 
Gemüse und ©bst gezogen und Fischteiche angelegt waren. Pferde-, Schaf-, 
Ziegen-, Schweine- und Bienenzucht wurde gepflegt. Rur das bebaute Land 
war Einzelbesitz (Allode); Triften, Weiden und Wälder waren gemeinsam 
(Allmende). Die Lebensrnittel waren noch sehr wohlfeil. 1278 fosteten im Elsaß: 
1 huhn 2 Pf., 14 (Eier 1 Pf., 1 Ohm wein 4 Pf., 1 Scheffel Roggen 1 Müter 
= 6 Deut oder 10—12 Pf. 
Die Lage der Bauern war im Westen und Osten des Reiches sehr verschieden. 
Zur Zeit der Hohenstaufen pochten sie oft auf ihre Wohlhabenheit; sie gaben 
sich, nachdem durch Derfall der ritterlichen Macht ihr Ansehen wuchs, nicht selten 
der Genußsucht hin. Seuchen und Kriege brachten aber oft Rot. während es
	        
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