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B. Lranöenburgisch-preutzische Geschichte.
die Rittergüter schärfer zur Steuer heranzog unö Steuerhinterziehungen streng
ahndete, milderte er zugleich die auf dem gemeinen Landvolke liegenden Lasten.
Großes leistete der König in der inneren Kolonisation des Landes, weite
Sumpfgebiete an öer Warthe, Havel unö am Rhin liefe er öurch Entwässerung
in blühenöe Lanöschaften umtvanöeln, öie sich balö mit roohlhabenöen Dörfern
unö Höfen beöecften. Zn einem so öer Verwahrlosung abgerungenen Gebiete
schuf er öie lanöroirtschaftliche Musterwirtschaft Königshorst. Junge Bauern¬
söhne unö -töchter, öie hier ein bis zwei jähre praktisch tätig waren, hatten
Gelegenheit, eine bessere Bewirtschaftung öes Boöens, getvinnbringenöere Vieh¬
zucht, Milchwirtschaft, Butter- unö Käsebereitung kennen zu lernen. Er zog
nicht nur öie von seinem Vater in Erbpacht gegebenen Domänen rvieöer ein,
sonöern er suchte noch neue hinzuzulaufen unö öurch Steigerung öer Ertrag¬
fähigkeit öem Staate auch in Zukunft eine erhöhte Einnahme zu schaffen. In
öerselben Zursorge für öas Staatswohl konnte er öen großartigen Entschluß zur
Ausführung bringen, öie königlichen Hausgüter mit öen Staats-
öomänen zu vereinigen. — „Menschen halte ich für öen größten Reichtum", sagte
öer König einmal. So war es natürlich, öaß er auf öie „p e u p l i e r u n g"
öer entvölkerten Gebiete öie weitestgehenöe Sorgfalt verrvenöete; unö auch öamit
trat er in öie Zußtapfen seines Großvaters, wie öieser öen wegen ihres Glaubens
vertriebenen Hugenotten aus Frankreich, so gewährte er etwa 20 000 Protestanten
gastliche Aufnahme, öie aus öem gleichen Grunde ihre salzburgische Heimat ver¬
lassen mußten, wie eine gütige $ügung (Bottes erschien ihm öas Ereignis, „was
tut Gott öem branöenburgischen Hause für Gnaöe", konnte er sagen. Er begrüßte
öie $lüchtlinge selbst in Berlin unö entjchieö: „Die ZTtanufakturisten in öie märkischen
Stäöte, öie Ackerbauer nach Preußen." Durch Gewährung reichlicher Mittel
ermöglichte er ihnen öie Rieöerlaffung, unö er öurfte es vor seinem Toöe noch
erleben, öaß Preußen, öas ganz besonöers öer Verwahrlosung anheimgefallen
war, in erfreulicher weise aufblühte. $rieörich II., öer im Jahre 1739 im Auf¬
träge seines Vaters eine Inspektionsreise öurch öiese Provinz machte, schrieb aus
Insterburg über seine Einörücke an öen französischen Gelehrten Voltaire: „Zwölf
bis fünfzehn entvölkerte Stäöte, vier- bis fünfhunöert verlassene Dörfer mit
unbestellten Kelöern — öas war öer traurige Anblick, öer sich meinem Vater einst
hier öarbot . . . Litauen hat jetzt mehr als eine halbe Million Einwohner, mehr
Stäöte unö einen größeren viehstanö als früher unö ist reicher unö fruchtbarer
als irgenö ein Teil Deutschland — unö alles, was ich Ihnen hier auszähle,
hat man ganz allein öem Könige zu veröanken, öer öie Anorönungen nicht nur
getroffen, fonöern auch in ihrer Ausführung überwacht hat. Er hat öen Plan
gefaßt unö ihn allein ausgeführt, weöer Sorge noch Mühe, noch ungeheure
Summen, noch Versprechungen, noch Belohnungen hat er gespart, um Glück unö
Leben einer halben Million öenkenöer Wesen zu sichern, öie nun ihm allein ihre
Wohlfahrt, ja ihre Existenz veröanken."
5. Die Stäöte.
wir haben schon gesehen, wie öer König öurch öie von ihm berufenen Steuer¬
kommissare, öie öen Eingang öer von öen Stäöten zu leistenöen Steuern über¬
wachten, auch in öie weitere Verwaltung öer stäötischen Gemeinwesen eingriff.
Unö es war höchste Zeit, öaß auch hier nach öem Rechten gesehen wuröe. Die
Verwaltung öer Stäöte lag in öen hänöen öer Magistrate, öeren Mitglieöer
sich öurch eigene Wahl aus wenigen begüterten $arnilien zusammensetzten. Die