Full text: Geschichte für mecklenburgische Schulen

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dem Soldaten das Leben besonders sauer. Zn jedem Dienste mußten sie sorg¬ 
fältig geschwärzt sein und — damit auch nicht die kleinste Falte sich bildete — 
feucht über die Beine geknöpft werden. Sie drückten nicht selten so gewaltig 
das Bein, daß es schmerzte oder einschlief. Die Hauptzier des Kopfes war ein 
bis zur Hüfte reichender dicker Haarzopf, der an dem knrzgefchorenen Kopfe fest¬ 
gebunden ward. An jeder Seite des Kopfes faß eine Haarlocke, die mit Pomade 
eingerieben und mit Puder überschüttet wurde. Ein hoher, mächtiger Hut deckte 
den Kopf. Ging es zur Parade, dann mußte schon am Abend vorher der ganze 
Anzug vollendet fein und der Soldat die ganze Nacht mit gedrehtem Zopfe und 
gestreckten Beinen in den engen Gamaschen regungslos auf einem Stuhle fitzend 
verbringen. 
4. Sold. Die Gemeinen bezogen in manchen Ländern einen so geringen 
Sold, daß sie hungern oder betteln mußten, wenn sie es nicht vorzogen, durch 
Stricken, Spinnen usw. etwas nebenbei zu verdienen. Die meisten Unteroffiziere, 
sowie auch viele Gemeine waren verheiratet. Jede Soldateusamilie hatte in der 
Kaserne eine Stube und Kammer inne. Auch die Frau suchte zu erwerben: sie 
kochte, spann Wolle und strickte Strümpfe. Die Kaserne sah daher säst wie ein 
Werkhaus aus. 
3. friedricb Mlkelm I. 1713—1740» 
1. Sparsamkeit. Nach bem Tode seines Vaters bestieg Friedrich Wilhelm 
ben Thron. Währenb ber Vater Pracht unb Answanb geliebt hatte, regierte 
der Sohn mit der größten Sparsamkeit. Seine Gemahlin und seine Töchter 
strickten, nahten, häkelten und befaßten sich fleißig mit anderen häuslichen Ar¬ 
beiten. Von den 100 Hofbeamten seines Vaters behielt er nur 12. Über 100 
Luruspserde, viele Prachtwagen sowie die Perlen unb Ebelsteine verkaufte er 
unb bezahlte davon die Schulden, die fein Vater gemacht hatte. In den ersten 
Jahren feiner Regierung trug er einfache, bürgerliche Kleidung, später die Uni¬ 
form eines Obersten. Durch ihn ist es bei den Fürsten Sitte geworden, Uniform 
zu tragen. Auf feiner Tafel erschien gewöhnlich einfache Hausmannskost; nur 
wenn hoher Besuch eintraf, durfte sie mit feinen und teuren Speisen besetzt 
werden. 
2. Strenge. Der König war von früh bis spät unausgesetzt tätig. Eine 
solche Tätigkeit verlangte er auch von allen seinen Beamten. Wehe, wenn 
jemand seine Schuldigkeit nicht tat! Als er erfahren, daß der Torfchreiber in 
Potsdam bie Bauern bes Morgens vor bem Tore warten läßt, begibt er sich 
eines Morgens selber borthin, unb ba er ben säumigen Beamten noch im Bett 
findet, prügelt er ihn mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Torfchreiber!" 
höchst eigenhändig aus dem Bette heraus. Seine Minister und Räte mußten im 
Sommer um 7, im Winter um 8 Uhr bei ihm erscheinen. „Wir bezahlen sie, 
daß sie arbeiten sollen," sagte bet König. Unrebliche Beamte ließ er hängen, 
gleichviel ob vornehm ober gering. So schuf ber König ein Beamtentum, bas 
sich burch Fleiß, Gewissenhaftigkeit unb Sparsamkeit auszeichnete. Tagebi'ebe unb 
Müßiggänger waren ihm besonbers znwiber. Sah er irgeubwo einen Arbeiter 
aus bem Felbe ober bei einem Bau müßig stehen, so gebrauchte er ohne 
weiteres seinen Knotenstock. 
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