tigen Beschluß aber faßte man erst am folgenden Tage. Waren Krieg und Jagd
vorbei, so lagen sie gern behaglich auf der Bärenhaut und überließen sich häufig
dem Würfelspiel, wobei sie nicht selten Haus und Hof, ja selbst die Freiheit
verloren.
7. Tugenden. Treu- und Wortbruch fand man bei den alten Deutschen
nicht. Bei ihnen hieß es: Ein Mann — ein Wort. Ein Handschlag galt als Eid.
Ebenso heilig ward bei ihnen die Ehe gehalten. Die Frau war nicht die
Sklavin des Mannes, sondern seine treue Begleiterin durchs Leben, mit der er
Freud und Leid teilte. Gastfreundschaft wurde an jedermann geübt, gleich¬
viel ob er ein Fremder oder Bekannter war. Ohne zn fragen, woher und
wohin, teilte man gern mit ihm, was an Speise und Trank in Küche und
Keller war. Über alles aber ging den Deutschen ihre Freiheitsliebe.
8. Erziehung. Ihre Kinder suchten die alten Deutschen von früh auf abzu¬
härten. Verweichlichung duldete weder Herr noch Knecht. Das neugeborene
Kind wurde dem Vater zu Füßen gelegt. War es gesund, so hob er es auf,
wenn nicht, so wurde es im Walde ausgesetzt. Der Knabe badete fleißig. Die
meiste Zeit brachte er hütend unter dem Vieh zu. Oft auch begleitete er den
Vater ans die Jagd. Bei den Jünglingen war der Schwerttanz beliebt. Zwischen
Schwerter- und Lanzenspitzen tanzten sie nackt umher und erwarben sich so den
Beifall des zuschauenden Volkes. War der Jüngling dem Knabenalter ent¬
wachsen, so wurden ihm in der Volksversammlung in feierlicher Weise von
einem Edeln oder vom Vater Schild und Speer überreicht. Das war für ihn
der wichtigste Tag seines Lebens. Von nun an waren Waffen seine steten Be¬
gleiter. Mit ihnen erschien er in der Volksversammlung, bei ihnen schwur er
seine Eide.
9. Totenbestattung. Über die Begräbnisweise unserer heidnischen Vorfahren
belehren uns die Urnen und Aschenkrüge, die man an vielen Orten ausgegraben
hat. Nachdem der Tote gewaschen und gekämmt war, legte man ihn auf den
Scheiterhaufen und verbrannte ihn. Die Asche wurde meistens in eine Urne
getan und diese dann mit einem Erdhügel überschüttet oder in einer Art Stein¬
kammer unter einem Hügel beigesetzt. Beim Tode des Hausherrn tötete man
auch sein Roß und seinen treuesten Knecht und verbrannte sie mit ihm. Das
war für den Knecht die höchste Ehre, da er nur im Gefolge feines Herrn
in die Walhalla gelangen konnte. Auch die Frau tötete sich in der Regel beim
Tode ihres Mannes, um ihm ins Jenseits folgen zu können.
b) Staatliches Leben.
1. Stände. Das Volk bestand aus Freien und Unfreien. Zu den Freien
gehörten die Besitzer von Grund und Boden, zu den Unfreien die Hörigen
und Leibeigenen (Sklaven). Die Hörigen erhielten von einem Freien einige
Äcker Landes zur Bewirtschaftung und mußten ihm dafür Hand- und Spann¬
dienste (Frondienste) leisten. Die vornehmsten Geschlechter bildeten die Adeligen
oder Edelinge. Sie zeichneten sich vor anderen Freien durch ihren großen Besitz
aus und standen in hohem Ansehen.
2. Staatsverfassung. Die Grundlage des Staates bildete die Sippe, eine
Vereinigung von Blutsverwandten. Die Sippengenossen wohnten zusammen,