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scheint, als müßten demnach auch die Abgaben geringer gewesen
sein. Allein dagegen ist einzuwenden, daß erstens damals die Lasten
gänzlich auf den unteren Ständen ruhten, und - daß der Staat
damals auch nicht das leistete, was er jetzt leistet. In jenen Zeiten
kannte man noch nicht die Schulen, die jetzt dem Ärmsten zu¬
gänglich sind und ihn mit den Kenntnissen ausrüsten, sich in der
Welt emporzuarbeiten; damals gab es noch keine guten Straßen und
Eisenbahnen, die jetzt das Land nach allen Seiten durchkreuzen und
dem Bürger auch der kleinsten Stadt Gelegenheit geben, am allgemeinen
Verkehr teilzunehmen; damals war sogar der Schutz des Eigentums
noch gering und das Land unsicher durch Räuber. Damals endlich
hatte der Staat kein stehendes Heer, das den Bürger und Bauer schützte;
in Kriegszeiten wurde der Bauer von Freund und Feind schonungslos
geplündert, und dem Bürger blieb es überlassen, seine Habe selbst zu
verteidigen.
Sonst war jede Stadt mit Mauern und Wüllen umgeben, die
Tore wurden nachts streng geschlossen, am Tage streng bewacht, kurz
jede Stadt war eine immer geschlossene Festung. Jetzt sind die alten
Mauern und Tore niedergerissen, die Wälle abgetragen und die
Gräben ausgefüllt; überall stehen die Städte offen, und ungehemmt
bewegt sich der Verkehr. Denn jetzt schützt die Macht des Gesetzes
mehr als damals die Mauern und Türme. Wer möchte diese Fort¬
schritte verkennen, wer möchte sich noch über die notwendigen Abgaben
beklagen, durch welche die besseren Einrichtungen geschaffen worden sind
und erhalten werden?
Aber, wendet man ein, die Abgaben in unserer Zeit sind wirklich
zu hoch. Untersuchen wir, ob diese Behauptung begründet ist. Zu
hoch würde eine Abgabe sein, wenn sie die Kräfte des Besteuerten über¬
stiege, wenn sein Vermögen darunter litte, wenn er so viel zahlen müßte,
daß ihm nicht genug übrig bliebe, um die Bedürfnisse des Lebens
überhaupt und seines Standes im besonderen zu befriedigen. Wäre
dies der Fall, so wären die Abgaben ebensowohl eine Ungerechtigkeit
wie eine Unklngheit; denn sie würden das Vermögen des Staates
selbst vermindern und am Ende zugrunde richten. Allein dies ist
wohl in keinem verfassungsmäßig regierten Staate der Fall. Schreitet
aber der Wohlstand vorwärts, so liegt eben darin der Beweis, daß
die Abgaben durchaus nicht die Kräfte der Besteuerten übersteigen,
also auch nicht zu hoch sind. Denn wenn von einem nicht mehr
gefordert wird, als er ohne Aufopferung leisten kann, so darf man
nicht über die Höhe der Forderung klagen, vorausgesetzt, daß die
Forderung an und für sich rechtlich begründet ist. Daß die Forderungen
des Staates an seine Bürger dies sind, ist aber als erwiesen anzu-
nehmen.