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' Aber nicht von ihren Großtaten gedenke ich heute zu erzählen, nur
von einer ihrer Zierden, von den Schwäne n.
Die Schwäne sind ans dem ganzen Mittellauf der Havel zu Hause.
Die zahlreichen großen Wasserbecken, die sich hier finden: der Teglersee,
der Wannsee, der Schwielow, die Schlänitz, die Wublitz sind ihre Lieb¬
lingsplätze. Ihre Gesamtzahl beträgt zweitausend. In früheren Jahren
war es nicht möglich, diese hohe Zahl zu erreichen. Während der Fran¬
zosenzeit waren sie als bequemes Jagdobjekt zu Hunderten getötet
worden; später wurden die großstädtischen Eiersammler ihrer Vermeh¬
rung gefährlich. Erst die Festsetzung strenger Strafen machte diesem
Übelstande ein Ende. Seitdem ist ihre Zahl in einem steten Wachsen
begriffen. Wie mächtige weiße Blumen blühen sie über die blaue Flüche
hin, ein Bild stolzer Freiheit.
Ein Bild der Freiheit. Und doch stehen sie unter Kontrolle, in
Sommertagen zu der Menschen, in Wintertagen zu ihrem eigenen Besten.
Im Sommer werden sie eingefangen, um gerupft, im Winter, um ge¬
füttert zu werden. So bringt der Hofstaat oder vielleicht der Fiskus,
dem sie zugehören, seine sommerliche Untat durch winterliche Guttat
wieder in Balance. Auf die Prozedur des Einfangens kommen wir
weiterhin zurück.
Die zweitausend Schwäne zerfallen in Schwäne der Ober- und
Unterhavel; das Gebiet der einen reicht von Tegel bis Potsdam, das
der anderen von Potsdam bis Brandenburg. Die Glienicker Brücke zieht
die Grenze. Die Schwäne der oberen Havel stehen unter der Herrschaft
der Spandauer, die Schwäne der unteren Havel unter der der Pots¬
damer Fischer. Man könnte dies die Einteilung der „Provinz Havel¬
schwan" in zwei Regierungsbezirke nennen. Diese großen Bezirke aber
zerfallen wieder in ebensoviele Kreise, als es Haveldötfer gibt, besonders
auf der Strecke von Potsdam bis Brandenburg. Die Ätzer Fischer be¬
herrschen die Wublitz, die Marquardter Fischer den Schlänitzsee, die
Fischer von Kaputh den Schwielow und so weiter. Auf der Unterhavel
allein befinden sich gewiß zwanzig solcher Arrondissements, alle mit
gewissen Rechten und Pflichten ausgerüstet, aber alle den beiden
Hauptstädten dienstbar, alle in Abhängigkeit von Potsdam und
Spandau.
Wir wenden uns nun dem Sommerfang der Schwäne zu. Er er¬
folgt zweimal und hat den doppelten Zweck, den Jungschwan zu lähmen