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3. Die Mutter an der Wiege.
1. Schlaf, Herzenssöhnchen, mein Liebling bist du!
Thue die blauen Guckäugelein zu!
Alles ist ruhig und still wie das Grab.
Schlaf nur, ich wehre die Fliegen dir ab!
2. Engel vom Himmel, so lieblich wie du,
schweben ums Bettchen und lächeln dir zu
Später zwar steigen sie auch noch herab;
aber sie trocknen nur Thränen dir ab.
3. Jetzt noch, mein Söhnchen, ist's goldene Zeit;
später, ach später ist's nimmer wie heut'.
Stellen erst Sorgen ums Lager sich her,
Söhnchen, dann schläft sich's so ruhig nicht mehr.
4. Schlaf, Herzenssöhnchen! und kommt gleich die Nacht,
sitzt doch die Mutter am Bettchen und wacht.
Sei es so spät auch, und sei es so früh:
Mutterlieb'. Herzchen, entschlummert doch niel granz Karl Hiemer.
4. Der Löwe in Florenz.
1. „Der Löw' ist los! der Löw' ist frei!
Die ehernen Bande riß er entzwei.
Zurück! — daß ihr den vergeblichen Mut
nicht schrecklich büßet im eigenen Blut!“
2. Und jeder suchte mit scheuer Eil'
in des Hauses Innerm Schutz und Heil;
auf Markt und Straßen allumher
ward's plötzlich still und menschenleer.
3. Ein Kindlein nur, das unbewußt,
verloren in des Spieles Lust,
fern von der sorglichen Mutter Hand,
saß auf dem Markt am Brunnenrand.
4. Wohl viele schauten von oben herab,
sie schauten geöffnet des Kindleins Grab,
sie rangen die Hände und weinten sehr
und blickten nach Hülfe zag umher.
5. Doch keiner wagte, das eigene Leben
um des fremden willen dahinzugeben;
denn schon verkündet ein nahes Gebrüll
das Verderben, das jeglicher meiden will