Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution (Bd. 2)

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entrichten, und ihm sollten Sitz und Stimme auf dem Reichstage zu¬ 
stehen; aber die Reichsgerichte sollten für den Burgundischen Kreis 
keine Gültigkeit haben. Als sich die Stände 1555 anschickten, eine 
Reichskriegsverfassung fertigzustellen, schoben sie den Burgundischen 
Kreis beiseite und überließen den Schutz desselben der spanischen 
Monarchie. Seitdem hatten die nördlichen Provinzen einen achtzig¬ 
jährigen Freiheitskampf gegen die Spanier geführt, und im Frieden 
zu Münster und Osnabrück wurden sie als unabhängiger, souveräner 
Staat anerkannt, und damit waren sie sowohl von Spanien als auch 
von Deutschland abgetrennt. Der alte Burgundische Kreis war also 
zertrümmert, und nur die südlichen, von Spanien behaupteten Teile, 
deren Bewohner zum Teil eine fremde Sprache redeten, waren in dem 
Verbände des Deutschen Reiches geblieben, und auch sie nur dem 
Namen nach. 
Schleswig-Holstein. Wenden wir uns dem Norden zu. 
Bis zum Jahre 1460 hatte das Geschlecht der Schauenburger zugleich 
die Herzogswürde in Schleswig und das Grafenamt in Holstein be¬ 
sessen. Als 1460 die Schauenburger ausstarben, da wählten die Stände 
von Schleswig und von Holstein den Dänenkönig Christian, der 
deutschen Stammes war und dem Grafenhause von Oldenburg an¬ 
gehörte, zum Nachfolger der Schauenburger, jedoch nur unter der 
Bedingung, daß Schleswig-Holstein ewig zusammen und' ungeteilt 
bleiben sollte. Aus dieser Wahl von 1460 ergaben sich für Schleswig- 
Holstein Zustände ganz eigentümlicher Art. Es konnte hinfort 
niemand mehr angeben, wo eigentlich die Grenze zwischen Dänemark 
und Deutschland sei. War es die Eider? Man könnte es glauben, 
weil Schleswig ein dänisches und Holstein ein deutsches Lehen war. 
Aber die beiden Länder sollten ja auf ewig zusammen und ungeteilt 
bleiben. Oder war es die Königsau ? Die Bevölkerung Schleswigs 
war zum größten Teile deutsch. Aber Schleswig und Holstein 
standen unter dem Könige von Dänemark. Oder war es gar die Elbe? 
Aber fast die ganze Bevölkerung der beiden Herzogtümer war 
deutsch. Es waren Zustände, die man für unhaltbar erklären müßte, 
wenn sie nicht tatsächlich jahrhundertelang zu Recht bestanden hätten. 
Die habsburgischen Länder. Die südöstlichen Marken 
des Deutschen Reiches befanden sich seit zwei Jahrhunderten, im Be¬ 
sitze des habsburgischen Hauses. Von Anfang an hatten sich die Habs¬ 
burger bemüht, sich eine bedeutende, festgefügte Hausmacht zu 
gründen, und hatten zu dem Ende ihre Herrschaft immer weiter auch 
über die außerdeutschen Gebiete im Südosten ausgedehnt. Bei ihrem 
Bestreben, sich eine Hausmacht zu gründen und ihre Erblande mög¬ 
lichst fest zusammenzuschließen, war es zuletzt dahin gekommen, daß 
die österreichischen Lande sich immer mehr von dem übrigen 
Deutschen Reiche losgelöst hatten. Nur äußerlich waren sie mit 
dem Deutschen Reiche verbunden; in Wahrheit standen sie ganz un¬ 
abhängig da. Und wie die österreichische Regierung ihre eigenen 
Wege einschlug, so wandelte auch das Geistesleben der österreich¬ 
ischen Bevölkerung schon während des späteren Mittelalters eigene 
Bahnen. Dann trat Luther auf; auch Österreich wandte sich der 
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