einigten. Die Vertriebenen gerieten dadurch ins Elend, und die übrigen
Bauern mutzten noch mehr Frondienste leisten, da sie nun auch das
Land der früheren Eutsangehörigen mit zu bearbeiten hatten. Durch
dieses „Bauernlegen" nahmen die Gutshöfe einen übermäßigen Um¬
fang an, und die Frondienste der Bauern wurden so drückend, daß sie
Haus und Hof im Stiche ließen und sich andere Beschäftigung suchten.
Als Tagelöhner, Knechte und Mägde wegen schlechter Löhnung und
Nahrung ihrem Beispiele folgten, da entzogen ihnen die Gutsherren
das Recht der persönlichen Freiheit und Freizügigkeit, machten sie also
zu Leibeignen. Die Gutsherren waren im Besitze der obrigkeitlichen
Gewalt und der Gerichtsbarkeit, wodurch die Eutsangehörigen ihrer
Willkür völlig preisgegeben waren. Durch die Leibeigenschaft waren
nun die Bauern an den Grund und Boden gefesselt. Niemand durfte
ohne Erlaubnis das Gut verlassen, auswärts Arbeit und Verdienst
suchen oder gar ganz davonziehen. Ohne den Willen des Gutsherrn
durfte kein Eutsangehöriger sich einem anderen Berufe widmen, z. B.
ein Handwerk ergreifen, ohne seine Erlaubnis eine Ehe eingehen, noch
überhaupt Handlungen vornehmen, durch welche die Rechte des Guts¬
herrn hätten beeinträchtigt werden können. Es wird erzählt, daß zu¬
weilen Gutsbesitzer Leibeigene gegen Jagdhunde ausgetauscht oder um
Leibeigene Karten gespielt hätten. Der Bauer mochte darum auch „fein
Bett nicht vor Abend zurecht machen" weil er am Tage nicht wissen
konnte, ob er noch die nächste Nacht darin schlafen werde.
Die Leute, die für ihr Leben an die Gutsherrschaften gefettet
waren, führten ein kümmerliches Dasein. Schon von frühester Jugend
an mußten sie harte Arbeit verrichten. Mit dem sechsten oder siebenten
Jahre hatten die Knaben Gänse und Schafe zu hüten, selbst des Nachts,
allem Wetter preisgegeben, sich auf freiem Felde ein Lager zu suchen.
Mit dem zehnten bis zwölften Jahre wurden sie „Kleinjungen", bis
sie mit dem vierzehnten bis fünfzehnten Jahre zu „Großjungen" auf¬
rückten. Vom zwanzigsten Jahre an traten sie in den Knechtestand, erst
als „Kleinknechte", und vier bis fünf Jahre später stiegen sie zu „Gro߬
knechten" auf. Die Entlohnung war eine äußerst geringe. Die Gänse¬
jungen erhielten außer freier Kost nur etwas Leinwand, die Klein¬
jungen einige Taler und etwas Leinwand, die Kleinknechte 12—15
Taler, die Großknechte 18—20 Taler. Als Beköstigung gab es morgens
und abends Grütze und Milch, täglich 3/4 Pfund Brot, selten Fleisch,
Butter oder Speck, mittags bei Feldarbeiten oft statt warmen Essens
nur einen Topf mit saurer Milch, in der Ernte schlechtes, dünnes Bier.
Dem Gutsherrn stand das Recht zu, seine Leute nötigenfalls
durch körperliche Züchtigung zu gehöriger Arbeitsleistung anzuhalten.
Schmählich wurde oft diese Gewalt mißbraucht durch harte und ent¬
ehrende Strafen, durch übermäßige Schläge und gefesseltes Sitzen auf
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