betn vor betn Herrenhause stehenben hölzernen Esel. So verloren bie 
Leibeigenen oft bas Gefühl menschlicher Würbe, unb ihr Elenb zeigte 
sich selbst in ihren Gesichtszügen unb in ihrer ganzen Haltung. Unter 
betn Drucke ber Zwangsarbeit wuchs bie Iugenb in Stumpfsinn unb 
sittlicher Verkommenheit auf. Von einem Schulunterricht war kaum 
bie Rebe. Nur in einigen Wintermonaten saßen bie Rinber in ber 
engen Schulstube, in ber ihnen gewöhnlich ein invaliber Hanbwerker 
Anweisung im Lesen unb Auswenbiglernen bes Katechismus gab. Die 
ftinber auch schreiben zu lehren, hatten manche Gutsherren gerabezu 
verboten, bamit „bie Leibeigenen nicht zu klug würben". 
Es kann nicht nmnbernehtnen, baß mancher Leibeigene, ber noch 
nicht gänzlich zum Tier herabgetoürbigt war, sich burch bie Flucht 
einer solch erbärmlichen Lage zu entziehen suchte. Würbe er ergriffen, 
so stauben ihm harte Strafen bevor, hatte er sich aber eine Reihe 
von Jahren außerhalb bes Gutes aufgehalten, so konnte er seine 
Freiheit behaupten. 
In einzelnen Lanbschaften staub ben Leibeigenen auch bas Los- 
kaufrecht zu. Gegen Zahlung einer Summe von 20—50 Talern konnten 
sie bie Freiheit erkaufen. Die armen Schelme, bie kein Vermögen er¬ 
werben konnten unb boch gern frei sein wollten, halfen sich burch An¬ 
leihen unb mußten bann oft ihrem Gläubiger roieber burch jahrelange 
Dienste bie Schulb abverbienen. 
9. Die Befreiung des Bauernstandes. 
Weitblickenbe unb ebelbenkenbe Fürsten erkannten, baß bie Grunb- 
lage bes Staates bie Lanbwirtschaft sei, bie aber roieberum ben 
Wohlstanb bes Laubes nur förbern könne, wenn sie von einem glück¬ 
lichen unb zufriebenen Bauernstanbe betrieben werbe. In bieser Er¬ 
kenntnis erließ König Friebrich Wilhelm I. auf seinen Domänen armen 
aber fleißigen Bauern bie Abgaben, ja er unterstützte sie burch Darlehen 
unb Geschenke. Auf ben Staatsgütern hob er bie Leibeigenschaft zum 
Teil auf unb befahl ben Abeligen, baß sie ben Bauern nicht so viele 
Dienste unb Abgaben zumuten sollten. In ber Woche bürsten nur 
vier Frontage sein; bie Prügelstrafe unb bas Auskaufen (Sauern- 
legen) waren verboten. Damit bas Volk verstänbnisvoller für seine 
Arbeit sein würbe, brang ber König auf besseren Schulunterricht. Er 
führte bie allgemeine Schulpflicht ein unb verlangte, baß jebes Rinb 
vom 5. bis zum 12. Jahre im Winter alle Tage, im Sommer zwei 
bis brei Tage ber Woche in bie Schule ging. 
Dem Beispiele seines Vaters folgte Friebrich ber Große. Er 
untersagte ebenfalls bas Prügeln ber Leibeigenen, bas mit sechs Jahren 
Festung bestraft werben sollte; er verbot aufs strengste, bie Bauern 
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