Contents: Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters

Denn nachdem sich der römische Staat alle Länder um 
das Mittelmeerbecken herum unterworfen hatte, war er eine 
riesige Ausbeutungsmaschine geworden, die durch ihre Staats¬ 
fronen und Steuern die Masse der Bevölkerung in immer 
tiefere Armut drückte. Er begründete sein Existenzrecht auf 
die Erhaltung der Ordnung nach innen und den Schutz gegen 
die Barbaren nach außen. Aber seine Ordnung war schlimmer 
als die schlimmste Unordnung, und die Barbaren, gegen die 
er die römischen Bürger zu schützen versprach, wurden von 
diesen als Retter ersehnt. Die rücksichtslose Erpressung der 
Beamten erstickte, was an Handel und Industrie im römischen 
Reiche vorhanden war, und das Endergebnis der römischen 
Weltherrschaft lief hinaus auf allgemeine Verarmung, Rück¬ 
gang des Verkehrs, des Handels, der Kunst, Verfall der 
Städte und namentlich Rückkehr des Ackerbaues auf eine 
niedrigere Stufe. 
Der Ackerbau bildete im Altertum die entscheidende Pro¬ 
duktionsweise. Die römische Bauernklasse, die in endlosen 
Kriegen die römische Weltherrschaft errungen hatte, war in 
diesen Kriegen dahingeschmolzen. In Italien hatten sich un¬ 
geheure Güterkomplexe zusammengeballt, die sogenannten 
Latifundien, die von Sklaven bewirtschaftet wurden: entweder 
als Viehweiden, wo die bäuerliche Bevölkerung durch Ochsen 
und Schafe ersetzt war, oder als ungeheure Güter, die ihren 
Absatz auf den städtischen Märkten suchten. Mit dem Verfall 
des allgemeinen Wohlstands rentierte diese auf Sklavenarbeit 
gegründete Latifundienwirtschaft nicht mehr, die damals die 
einzig mögliche Form des großen Ackerbaues war. So muhte 
man auf den kleinen Ackerbau zurückgehen. Die großen Güter 
wurden in Parzellen zerschlagen und an Kolonen ausgetan, 
die dafür einen bestimmten Betrag bezahlten, an die Scholle 
gefesselt waren und mit ihrer Parzelle verkauft werden konnten; 
sie waren zwar keine Sklaven, aber auch nicht frei, die Vor¬ 
läufer der mittelalterlichen Leibeigenen. 
Die antike Sklaverei ist nicht am Christentum gestorben, 
das sich in alter und neuer Zeit sehr gut mit der Sklaverei 
zu vertragen gewußt hat. Sie ging vielmehr daran unter, 
daß sie sich ökonomisch nicht mehr rentierte. Aber sterbend 
hinterließ sie ihren giftigen Stachel, indem sie alle produktive 
Arbeit als Sklaventätigkeit, als freier Bauern unwürdig er¬ 
scheinen ließ. Aus dieser Sackgasse gab es für die antike 
Kultur keinen Ausweg; die Sklaverei war ökonomisch unmög¬ 
lich geworden, allein die produktive Arbeit der Freien blieb
	        
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