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Jacob Loewenberg,
geboren am 9. März 18566 in Niederntudorf in Westfalen, lebt in Hamburg.
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Auf dem Felde der Ehre.
Eine Episode aus der Cholerazeit.
„Seht, Jungens, wie vom wolkenlosen Himmel
die Sonne glühend heut herniederstrahlt,
so war's vor Jahren, als zur Erntezeit
im fernen Frankreich unsre tapfern Krieger
bei Mars⸗la⸗Tour und Gravelotte gekämpft.
Heiß schien die Sonne, heißer war ihr Ringen.
Rur wen'ge Tage, und wir feiern Sedan;
da sollt ihr jubeln, sollt euch herzlich freun;
doch auch der Helden sollt ihr mir gedenken,
die auf dem heil'gen Feld der Ehre stritken
und uns die schönste Ernte heimgeholt:
des Vaterlandes Einheit, Ruhm und Größe!
Das ist des Krieges Segen: Kraftvoll schafft er
Begeist'rung, Mut und Oyferfreudigkeit,
und während uns der Friede läßt erschlaffen,
zieht er allein zum Heldentum uns groß!“
s5o sprach des Elbdorfs junger Lehrer feurig.
Und Sedan kam — und wurde nicht gefeiert.
Verstohlen hatte in die Hansestadt,
die völkergastliche, die schöne, stolze,
unsichtbar sich ein graus'ger Feind geschlichen.
Noch wähnte man ihn fern, noch dachte man
an Abwehr kaum, da scholl der Schreckensruf:
„Schützt euch! Sie ist in unsern Mauern schon —
die Cholera!“ —
Jacob Loewenberg.