Full text: Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg (Teil 4)

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bie im Jahre 1517 noch 232 betragen hatte, im Jahre 1519 auf das Doppelte 
gestiegen. Der Fürst unterhandelte ernstlich mit dem Gesandten des Papstes 
Cajetan, der sich auch in Augsburg befand. Er kümmerte sich auch nicht 
um die schriftliche Mahnung des Papstes, „den Sohn der Bosheit in Gewalt 
und Gericht des heiligen Stuhls abführen zu lassen," und setzte es endlich 
furch, daß der Kardinal Cajetan einwilligte, selbst Luther in Augsburg zu ver¬ 
hören. Nun befahl der Kurfürst, daß sich Luther uach Augsburg begeben solle. 
13. Luther vor Cajetan in Augsburg. 
Alsbald machte sich Luther auf den Weg, obwohl ihn auch jeftt seine 
Freunde warnten. Er reiste zu Fuß über Weimar und Nürnberg. Hier 
rieten ihm ängstliche Freunde nochmals ab. Doch er sagte: „Auch in Augs¬ 
burg, auch inmitten feiner Feinde herrscht Jesus Christus; Christus lebe, 
Martiuus sterbe!" Matt und krank kam er in Augsburg an und ließ sich 
giern) beim Kardinal Cajetan melden. Doch seine Freunde rieten ihm, dem 
Italiener nicht zu trauen und nicht ohne kaiserlichen Geleitsbrief vor ihn zu 
treten. So vergingen drei Tage. Indessen kam ein Beamter des Kardinals 
zu ihm und sagte, er solle doch kommen, es sei ja nur um sechs Buchstaben 
(Revoca—widerrufe!) zu thun. Aber Luther erklärte, erst müsse er sich verteidigen 
und eines Besseren belehrt werden. Und als der Italiener fragte: „Wo 
wollt ihr denn bleiben, wenn der Kurfürst seine Hand von Euch abzieht?" 
antwortete er: „Unter dem Himmel." 
Am vierten Tage hatte Luther den kaiserlichen Geleitbrief in der Hand, 
unb nun ging er zum Kardinal, der ihn im glänzenden Purpurgewand 
inmitten feiner italienischen Begleiter erwartete. Luther warf sich vor ihm 
nieder. Der Kardinal hieß ihn ausstehen, sprach einige freundliche Worte unb 
verlangte bann kurzweg, er solle feine Irrtümer wiberrufen. Erstaunt er- 
wiberte ber Mönch, er solle ihm boch erst zeigen, worin er geirrt habe. Da 
begann eine lange Disputation, in ber sich ber Karbinal auf bie alten Kirchen- 
lehrer, ber Mönch aber auf bie heilige Schrift stützte. Hierüber berichtet uns 
Luther: „Da schrie ber Legat, ich solle Wiberspruch thun, machte eine lange 
Jiebe und meinte, er hätte mich überiuunben. Ich hub auch etliche Male an 
zu reben, aber er bonnerte unb schauerte unb herrschte allein. Enblich hub 
auch ich an zu schreien. Da sprach ber Karbinal: Gehe hinweg imb komme 
nicht wieber, bis bu wollest Wiberspruch thun!" Damit war bie llnterrebung 
zu Ende. Der Karbinal äußerte bamals über Luther: „Ich will nicht mehr
	        
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