Object: Theoretisch-praktisches Handbuch für den Anschauungsunterricht

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gebrochene rauh und faserig. Meine Tulpe ist ganz, an euren fehlt das 
unterste Stück. Dies Stück saß in der Erde und heißt, wie bei dem Baume, 
die Wurzel. Die Wurzel der Tulpe ist dick und rund, oben spitz zulau¬ 
fend, unten breit, hat unten einen Bart von dünnen weißen Fasern und 
besti-ht aus einer dünnen, braunen Haut, welche über dem weißen Fleisch 
liegt. (Die Zwiebel ist fleischig.) Die Wurzel der Tulpe ist eine Zwiebel. 
Im Herbste, etwa im September oder Oktober wird die Tulpenzwiebel 
in die Erde gesteckt und bleibt dort den ganzen Winter unter Frost und 
Schnee liegen. Kaum aber schnielzt die warme Frühlingssonne den Schnee 
weg und lös't die harte Frostrinde der Erde auf, so öffnet sich oben die 
Zwiebel, und die grünen Blätter brechen hervor. Gewöhnlich sind es nur 
2 Blätter, wie ihr an meiner Tulpe sehen könnt. Dieselben sind grün von 
Farbe, lang und mäßig breit von Gestalt, unten etwas zusammengerollt und 
haben keinen Stiel. Die Tulpe hat also 2 lange, grüne, stiellose Blät¬ 
ter, welche aus der Wurzel hervorschießen; es sind Wurzelblätter. (Die 
Blätter des rothen Fingerhntes oder der Rose sitzen am Stengel; es sind 
Stengelblätter.) 
Zwischen den Blättern sehen wir einen runden Stiel, welcher ein 
wenig über die Blätter hervorragt; derselbe ist nicht hohl, wie der Stiel 
des Löwenzahns, sondern gefüllt, d. i. derbe. Dieser Stiel trägt an seiner 
Spitze oder an seinen: Gipfel die Tulpe, nur eine Blume. Die Schlüssel- 
blumen stehen auch auf dem Gipfel des Stiels, aber es sind mehrere Blu¬ 
men; die Blumen des rothen Fingerhutes sitzender Länge nach am Stengel. 
Diese letztern bestehen aus einem einzigen, wenn auch eingeschnittenen Blatte, 
es sind einblätterige Blumen; die Tulpe hat mehrere deutlich von einander 
getrennte Blätter, in der Regel 6 an der Zahl; sie ist eine mehrblätterige 
Blume. An der Rose bemerken wir vor dem Aufblühen 4 grüne Blätt- 
lein, welche die rothen Rosenblätter einschließen; wir haben dieselben Kelch¬ 
blätter genannt, suchen aber vergebens nach ihnen bei der Tulpe; sie hat 
keinen Kelch, sondern dieselben Blätter, welche setzt schon gefärbt sind, waren 
anfangs grün. Rach und nach werden sie bei einigen Tulpen roth, bei an¬ 
dern gelb, bei noch andern weiß, bei einigen sogar bunt, entweder roth mit 
gelben Streifen oder gelb mit rothen Streifen. Alle 6 Blumenblätter haben 
unten einen weißgrünen Fleck,, sind oben ein wenig umgerollt nach außen 
und bilden durch ihre Zusammenstellung einen großen Becher; eigentlich eine 
umgekehrte Glocke. 
Inmitten dieses Bechers, aus dem Boden herausgewachsen, gleichsam 
eine Verlängerung des Blumenstiels, sinden wir einen kurzen dicken Pflock 
oder Griffel, um welchen herum in derselben Anzahl, als Blumenbehälter 
vorhanden sind, also in der Regel 6, kleine Messer stehen, auf grünem 
Hefte schwarze Klingen. Die Klingen sind mit einem schwarzen Staub über¬ 
zogen, daher die Namen Staubfäden und Staubbeutel; wovon jener das 
grüne Heft, dieser die schwarze Klinge bezeichnet. Der Griffel ist 3kantig 
und hat oben eine ebenfalls Zeckige Krone. Die Tulpe hat nur 1 Griffel, 
aber 6 Staubfäden mit schwarzen Staubbeuteln. 
Fassen wir noch einmal alle Theile der Tulpe zusammen, >o sind es: 
1) eine Zwiebel mit vielen kleinen Wurzeln, 
2) lange, grüne Blätter ohne Stiel, 
3) ein runder, derber Blumenstiel,
	        
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