Full text: Vaterländische Geschichte

^viel es ist, wenn die Sonne scheint. Im Rathaus besorgten die Bürger¬ 
meister und die Ratsherren die Regierung der Stadt. Dieselben wurden 
anfangs nur aus den vornehmen Geschlechtern, den Patriziern, gewählt- 
bald aber wollten die Handwerker, die sich in Genossenschaften vereint 
hatten (Zünfte), teil haben an der Regierung der Stadt. Ta ihnen die 
freiwillige Mitwirkung versagt wurde, so erzwange» sie sich einen Einfluß 
auf die Verwaltung durch jene zahllosen kleinen Kämpfe, die, von Süd- 
deutfchlaud ausgehend, das freie, stolze Bürgertum des Mittelalters schufen. 
Handel und Gewerbe haben die Städte emporgebracht und reich 
gemacht. Ter Welthandel nahm seinen Weg über Augsburg und Witrm 
berg durch gauz Deutschland. Man konnte Waren kaufen von England, 
Spanien, Italien, Rußland und vom Morgenlande. Freilich hatte der 
Handel sehr unter den Räubereien, wie sie zu jener Zeit üblich waren, 
zu leiden. Wenn ein Schiff an einer Küste scheiterte, so nahmen die Leute,' 
welche dort wohnten, alle Waren, die auf dem Schiff untergebracht waren, 
und betrachteten sie als ihr Eigentum. Das nannte man Strandrecht' 
Ein ganz ähnlicher Brauch hatte sich im Mittelalter auch auf das Land 
übertragen. Wenn auf der schlechten Straße ein Wagen umstürzte oder 
die Achse brach, so nahm der Herr des Grandes ohne weiteres alle Waren 
als ihm gehörig weg. Gar mancher ließ seine Wege absichtlich in recht 
schlechtem Zustand um eine Beute zu erhaschen. Trotz solcher Beschwerlich¬ 
keiten und Verluste wurden die Kaufleute doch reich. Die Reichsten der 
damaligen Zeit waren die Fugger und Welser in Augsburg. Die ersten 
Fugger waren einfache Leineweber. Bald wurden sie so vermögend, 
daß sie Fürsten, ja selbst dem Kaiser Geld leihen konnten. Die deutschen 
Kaiser wohnten öfters bei ihnen. Als einst K a r l V. wieder bei Fugger 
eingekehrt war, soll dieser dos Wohnzimmer mit Zimmtholz, das sehr 
hoch im Preise stand, haben heizen lassen, auch soll er mehrere Schuld- 
verschreibuugen des Kaisers gleichgültig in das Feuer geworfen haben. 
Mit berechtigtem stolze konnte derselbe Kaiser dem Könige von Frankreich, 
ber ihm seine Schatzkammer zeigte, sagen: „Ich habe in Augsburg einen 
Leineweber, ber kann das alles bezahlen". Die Fugger wußten ihren 
Reichtum auf die rechte Weife anzuwenden. Sie gründeten die sogenannte 
?yuggerei. Das sind 53 kleine Häuser, in welchen arme Leute gegen gauz 
geringes Entgelt wohnen. Bier Tore verbinden diese kleine Stadt, der 
rtueb die Kirche nicht fehlt, mit der sie umschließenden Stadt Augsburg. 
Audi der reiche Konrad Groß hat sich in seiner Vaterstadt Nürnberg ein 
bleibendes Denkmal gesetzt. Er stiftete nämlich ein vollständig eingerichtetes 
Spital für Arme, Kranke und Alte, das jetzt noch besteht. 
Heutzutage kauu jeder Gewerbetreibende sich eine Werkstatt ein- 
richten unb barin für bie Leute arbeiten. Zu jener Zeit war bas aber 
anders. Es gab in jedem Handwerk nur eine gewisse Anzahl von Meistern.
	        
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