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römische Sitten, Kampfspiele, Theater u. dgl. m. einführte. Um sich die Zu¬
neigung des Volkes einigermassen zu erwerben, erliess er nach den Plagen, die
das Land betroffen, einen Theil der Abgaben und begann in seinem 18. Re¬
gierungsjahre den Umbau des Tempels in Jerusalem; aber mit der Religion,
welche dieser prachtvolle Bau verherrlichen sollte, standen alle seine Bestrebungen
in crassestem Widerspruch. Noch gegen Ende seines Lebens liess er, wieder auf
Anstiften seiner Schwester Salome, nicht nur seine beiden Söhne, welche er von
der Hasmonäerin Mariamne hatte, Alexander und Aristobul, in Samaria er¬
drosseln, sondern auch den von ihm zum Nachfolger bestimmten Antipater, den
Sohn seiner ersten Frau Doris, der ihm nach dem Leben trachtete, hinrichten.
Fünf Tage nach dieser Hinrichtung starb er selbst an einer ekelhaften Krank¬
heit im 37. Jahre seiner Regierung und 70. seines Lebens (3.) Vor seinem
Tode hatte er die Vornehmsten Judäas nach Jericho beschieden und seiner
Schwester Salome den Auftrag ertheilt, in dem Augenblicke seines Verscheidens
sie alle niederhauen zu lassen, damit jede Familie einen Verlust zu beklagen
habe und allgemeine Trauer im Lande herrsche. Dieser grausame Auftrag wurde
indess nicht ausgeführt, und das V )lk beging seinen Todestag als einen Freudentag.
Dem Testamente des Herodes zufolge wurde das Land unter seine drei
Söhne: Archelaus, Antipas und Philippus getheilt. Archelaus erhielt das
eigentliche Judäa mit dem Königstitel. Gleich nach seinem Regierungsantritte
trat das erbitterte Volk mit Wünschen auf, die er nicht erfüllen konnte oder
wollte; es kam in Jerusalem zu einem Auflauf, bei dem 3000 Personen an einem
Tage umkamen. Der Kampf wüthete alsbald im ganzen Lande, sodass auf
Archelaus’ Veranlassung die römischen Feldherren Varus und Sabinus in Jerusalem
blieben. Archelaus, den Augustus nicht als König, sondern nur als Volksfürsten
(Ethnarch) anerkannte, regierte tyrannisch, aber nur wenige Jahre; Augustus ent¬
thronte ihn und schickte ihn nach Vienna in die Verbannung. Judäa wurde nun
römische Provinz und von Landpflegern verwaltet.
§ 3. Innere Verhältnisse.
Die fortlaufende Kette der widerwärtigen Parteikämpfe, die Eifersucht, der
Zwist, der Verrath, die Arglist und die schrecklichen Mordthaten übten einen
unseligen Einfluss auf die Religiosität des Volkes, auf Glauben und Sitten.
Die Priesterwürde war geschwächt, das Ansehen des Synhedrions entkräftet und
dessen Gewalt bedeutungslos. Die jüdischen Gerichtsstellen sanken zu blossen
Synagogengerichten herab. Die Ausübung der Religion war erschwert, innere
Zwietracht, Zerrüttung und Entartung waren an der Tagesordnung und des Volkes
Festigkeit und Stärke gefährdet.
Die vielen und mannichfaltigen Trübsale, welche die schlechten Fürsten
Israels und die von Syrern und Römern auf dem Boden Judäas ausgefochtenen
Kriege über das jüdische Volk herbeiführten, stimmten viele zu Trübsinn^ und
Schwermuth, zu banger Furcht vor neuen Plagen, andere aber zum Glauben an
einen herrlichen Ausgang alles Elends/ zu spannender Sehnsucht nach Erlösung.
Es ist der natürliche Hang der Menschen, im Unglück sich froher Hoffnung hin-